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"Alles, was man im Verborgenen tut, kommt ans Licht." (Tyson Gay)

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Asafa Powell steht mit dem Rücken zur Wand.

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Nesta Carter nach seinem Superlauf in Madrid vor wenigen Tagen.

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Ebenfalls erwischt: Sherone Simpson.

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Vier Wochen vor der Weltmeisterschaft in Moskau ist die Welt-Leichtathletik in ihren Grundfesten erschüttert worden: Gleich vier Superstars des Sprints wurden am Sonntag in A-Proben positiv auf verbotene Substanzen getestet. Die mutmaßlichen Dopingfälle der drei schnellsten 100-m-Läufer des Jahres - Tyson Gay (USA), Asafa Powell und Nesta Carter (beide Jamaika) - sowie der Jamaikanerin Sherone Simpson sorgen für Aufruhr. Dem Quartett drohen zwei Jahre Sperre - für Gay und Powell wäre es wohl das Karriereende.

Als erster hatte Gay bekanntgegeben, eine positive Probe abgeliefert zu haben. Wenig später folgte der frühere Weltrekordler Powell, der erklärte, dass bei den Landesmeisterschaften im Juni das Stimulans Oxilofrin nachgewiesen worden sei. Simpson, Staffel-Silbermedaillengewinnerin von London 2012, war den Fahndern ebenfalls im Juni bei den jamaikanischen Titelkämpfen ins Netz gegangen. Dort soll es noch weitere positive Proben gegeben haben.

Got Carter

Britischen Medienberichten zufolge wurde auch beim zweimaligen Staffel-Olympiasieger Carter eine verbotene Substanz nachgewiesen. Carter war noch am Samstag in Madrid zu 9,87 Sekunden gestürmt und damit zweitschnellster Mann 2013. Anti-Doping-Kämpfer Werner Franke zeigte sich wenig überrascht: "Die 100 Meter sind komplett versaut. Nur so lassen sich solche Leistungen in dieser Häufigkeit erzielen", sagte der deutsche Molekularbiologe. "Aber wer sich heute erwischen lässt, ist es selbst schuld. Tyson Gay scheint nicht der Hellste zu sein."

Ebenjener Gay, der mit 9,75 Sekunden schnellste Sprinter des Jahres und schärfste Konkurrent des jamaikanischen Weltrekordlers und Olympiasiegers Usain Bolt, eröffnete in einer Telefonkonferenz am Sonntag aus Amsterdam Journalisten, dass er am Freitag von der US-Anti-Doping-Agentur (USADA) über eine positive A-Probe informiert worden sei. Der Test sei im Mai außerhalb von Wettkämpfen vorgenommen worden, über die gefundene verbotene Substanz wollte der 30-Jährige nichts sagen. Die B-Probe wurde noch nicht geöffnet, das soll schnellstmöglich erfolgen.

Schrott: "Wahnsinnig viele Fälle"

"Schockiert" über all das zeigte sich am Montag Österreichs Top-Leichtathletin Beate Schrott. "Es sind nicht nur die Nachrichten, die aus Übersee kommen. Es sind wahnsinnig viele Dopingfälle in der Türkei, so dass sie überlegen, eine ganze Nation von der WM auszuschließen", sagte die Olympia-Achte über 100 m Hürden. "Ich habe schon daran geglaubt, dass der Sport zusehends sauberer wird, aber das beweist eigentlich genau das Gegenteil. Es ist schwierig, weil man sich denkt, man kämpft nicht nur gegen bessere Sportler, sondern gegen Betrüger."

Eine Art Unfall

Gay sagte bereits seinen Start beim Diamond-League-Meeting in Monaco und bei der Weltmeisterschaft in Russland ab. "Ich habe keinen Bericht über Sabotage. Ich habe jemandem vertraut und wurde im Stich gelassen", sagte Gay mit tränenerstickter Stimme. Er habe nie wissentlich eine leistungssteigernde Substanz eingenommen. "Ich habe einen Fehler gemacht", erklärte er im Trainingslager in Amsterdam, Details könne er nicht preisgeben. "Ich darf darüber nicht sprechen. Ich weiß genau, was passiert ist, aber ich kann jetzt nicht darüber reden." Seine Familie wisse, dass es "irgendeine Art von Unfall" gewesen sei.

Gay: "Strafe wie Gentleman hinnehmen"

An ein Karriereende denkt Gay aber nicht: "Ich hoffe, ich werde wieder laufen können. Aber ich werde jede Strafe wie ein Gentleman hinnehmen." Das alles sei schwer für ihn, denn er sei immer ein dopingfreier Athlet gewesen. Gay hatte bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking eine "100-prozentige Garantie" abgegeben, dass er nie eine positive Dopingprobe abliefern und seine Fans nie wie seine Landsleute Marion Jones und Justin Gatlin mit einem positiven Dopingtest enttäuschen werde. "Alles, was man im Verborgenen tut, kommt ans Licht. Man kommt nie damit durch, du wirst erwischt, egal wie sehr du es zu vertuschen versuchst", hatte der US-Amerikaner betont.

"Das ist keine Nachricht, die wir hören wollen. Zu keiner Zeit und über keinen Athleten", kommentierte Max Siegel, der Präsident des US-Leichtathletikverbands (USATF), den jüngsten Dopingfall in der US-Leichtathletik. Man kenne die Fakten noch nicht, das Weitere liege bei der USADA, danach werde man den Fall entsprechend behandeln. Nach beschwerlichen Jahren mit Problemen mit den Bändern, Muskeln und Hüfte hatte Gay heuer eine starke Saison über 100 und 200 m abgeliefert. Der Dreifach-Weltmeister von 2007 schien in der Form seines Lebens und ernsthafter Gegner von Bolt in Moskau im Kampf um die drei Kurzsprint-Goldmedaillen zu sein.

Powell: "Habe niemals betrogen"

Den positiven Test von Powell gab sein Manager bekannt. "Wir arbeiten mit der WADA zusammen und sind dabei zu klären, wie die Substanz in sein System gekommen ist", sagte Paul Doyle. Der mehrfache Olympia- und WM-Medaillengewinner ging den Dopingfahndern im Juni bei den jamaikanischen Leichtathletik-Meisterschaften ins Netz. Gefunden wurde ein Oxilofrin aus der Reihe der Stimulanzien. "Ich habe nie wissentlich irgendeine Substanz genommen, die gegen die Regeln ist. Ich habe niemals betrogen und ich betrüge auch jetzt nicht", erklärte Powell in einer Stellungnahme. Er werde die Konsequenzen tragen, sein Fehler sei aber nicht gewesen, dass er betrogen habe, sondern dass er nicht wachsam genug gewesen sei.

Jamaika im Visier

Ein weiterer von fünf mutmaßlichen Fällen bei den jamaikanischen Trials betrifft die 4x100-m-Olympia-Silbermedaillengewinnerin Simpson, ebenfalls eine Athletin von Doyle. "Das ist eine sehr schwierige Zeit für mich", sagte die 28-Jährige. "Als Athletin weiß ich, dass ich dafür verantwortlich bin, was in meinen Körper gelangt. Ich würde nie wissentlich eine illegale Substanz einnehmen." Gefunden wurde bei ihr nach dem 100-m-Finale in Kingston ebenfalls Oxilofrin. Wer die drei weiteren mutmaßlich positiv getesteten Athleten sind, ist noch unbekannt. Bolt steht laut seinem Manager nicht unter Verdacht.

Herb Elliott von der jamaikanischen Anti-Doping-Kommission (JADCO) bestätigte lediglich, dass man Nachricht erhalten habe, dass es "von der Norm abweichende Analyseergebnisse von A-Proben" gegeben habe. Weitere Informationen gab es nicht. 

Kurz nach Campbell-Brown

Die Dopingfälle kommen nur wenige Wochen nach jenem der jamaikanischer Supersprinterin Veronica Campbell-Brown. Die amtierende 200-m-Weltmeisterin und dreifache Olympiasiegerin ist von ihrem Landesverband (JAAA) provisorisch gesperrt worden. Die 31-Jährige war im Mai in Kingston positiv auf ein Diuretikum getestet worden. Kurz zuvor war aufgrund ihres bereits zweiten Dopingvergehens deren Landsfrau Dominique Blake für sechs Jahre gesperrt worden. Der 400-m-Läuferin war die Einnahme des Stimulanzmittels Methylhexanamin nachgewiesen worden. (APA/sid/red, 15.7.2013)