"Dort, wo die Verhütung nicht gut funktioniert, werden viele Frauen ungewollt schwanger", sagt Gynäkologe und "gynmed"-Begründer Christian Fiala. In Österreich, so schätzt er, werden im Schnitt täglich bis zu 82 Abtreibungen durchgeführt.

Foto: Christian Fiala/gynmed

Die erneute Affäre rund um Komplikationen nach Schwangerschaftsabbrüchen in der Ordination einer Wiener Allgemeinmedizinerin wirft ein Schlaglicht auf einen Teil der Gynäkologie, der in Österreich – wohl auch aus politischen, weltanschaulichen und religiösen Gründen – wenig transparent ist. Genaue Zahlen über die vorgenommenen Abtreibungen gibt es nicht, denn es handelt sich um privat zu zahlende Leistungen von Spitälern, privaten Ambulatorien oder niedergelassenen Ärzten.

Bis zu 82 Abbrüche pro Tag

"Ich habe einmal eine Schätzung versucht und bin auf rund 30.000 Schwangerschaftsabbrüche im Jahr in Österreich gekommen", sagt Christian Fiala, Gynäkologe und Begründer des privaten Ambulatoriums Gynmed in Wien. Das seien relativ betrachtet deutlich mehr als in Deutschland und der Schweiz. Die Rate der Schwangerschaftsabbrüche sei ein Hinweis auf das Funktionieren der Prävention.

"Dort, wo die Verhütung nicht gut funktioniert, werden viele Frauen ungewollt schwanger", so Fiala. Schwangerschaftsabbruch selbst dürfe nicht risikobehaftet sein: Der Schwangerschaftsabbruch, ob nun chirurgisch oder medikamentös, sei eine der sichersten medizinischen Behandlungen, wenn er "State of the Art" durchgeführt werde.

Elke Graf, Geschäftsführerin des Wiener Ambulatoriums Pro:woman, äußert sich ähnlich: "In Europa geht man von Abbruchsraten zwischen 14 und 45 Fällen pro 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter (14 bis 45 Jahre) aus. In Russland sind es sogar 45 pro 1.000 Frauen und Jahr. Geht man in Österreich von einem Durchschnitt von zwölf pro 1.000 Frauen aus, wären das etwa 20.000 Schwangerschaftsabbrüche." Das entspräche im Schnitt 55 bis 82 Abtreibungen täglich.

Große Preisunterschiede

Durchgeführt werden die Eingriffe in Krankenhäusern, wo es aus weltanschaulichen Gründen von Spitalserhaltern, Abteilungsvorständen und Ärzten ein durchaus unterschiedliches Angebot gibt, sowie in den zwei privaten Ambulatorien in Wien und bei niedergelassenen Ärzten. Deshalb existieren auch keine statistischen Zahlen über die Fälle in Österreich – im Gegensatz zum Beispiel zu Deutschland. Bessere Sexualaufklärung, leichter Zugang zur Kontrazeption und ebenso ein gut erreichbares Angebot auch von Möglichkeiten zu einem Schwangerschaftsabbruch wurden in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder gefordert.

Laut Graf verlangen die Wiener Städtischen Spitäler (KAV) für einen Schwangerschaftsabbruch 280 Euro. Die Wiener Ärztin, welche wieder einmal Diskussionen ausgelöst hat, bietet einen Abbruch für 300 Euro an. Im Ambulatorium "pro:woman" verrechne man bis zu 630 Euro, bei "Gynmed" 490 Euro – unter diesem Preisniveau könne man keine medizinische Qualität bieten, heißt es. (APA/red, derStandard.at, 11.7.2013)