Am Mittwoch ist die Google I/O 2013 gestartet.

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Sundar Pichai, Senior Vice President Chrome, Apps und Android bei Google.

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Googles Hugo Barra bei der Vorstellung neuer APIs für die "Play Services".

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Eine der großen neuen Ankündigungen der I/O 2013: Ein Musik-Streaming-Service mit dem Namen "Google Play Music All Access"

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Das Galaxy S4 mit "Nexus Experience", ab Ende Juni direkt von Google erhältlich.

 

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Auch wenn nicht alle Marktforscher dieser Behauptung zustimmen, ist Google davon überzeugt, dass Chrome der meisgenutzt Browser der Welt ist.

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Ein neues Design für Google+.

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Mit automatischer Bildverbesserung für Google+ Photos will das Unternehmen viele regelmäßige Ausbesserungen unnötig machen. Einige Beispiele für deren Fähigkeiten versammelt man auf einer eigenen Webseite.

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Nicht weniger als das "Ende der klassischen Suche" verkündete das Unternehmen - bewusst provokativ formuliert.

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Google Maps erhält ein grundlegendes Redesign, und zwar sowohl im Web als auch für mobile Plattformen.

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Das neue Web-Interface für Google Maps integriert viele Funktionen von Google Earth.

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Zum Schluss gab es einen überraschenden Auftritt von Google-CEO Larry Page, der nach einem recht philosophischen Vortrag auf Fragen aus dem Publikum entgegen nahm.

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Google hat gerufen, und rund 5.500 EntwicklerInnen sowie 400 JournalistInnen sind ins Moscone Center West in San Francisco gekommen: Mit der Eröffnungskeynote hat der Softwarehersteller am Mittwochvormittag (Lokalzeit) den Startschuss für die Google I/O 2013 gegeben. Die Erwartungen an die Keynote waren im Vorfeld groß, hatte Google diese doch auf nicht gerade kleinliche zweieinhalb Stunden anberaumt - und in den Vorjahren immer eine sehr hohe Neuigkeitendichte zu bieten.

Einleitung

Die einleitenden Worte durfte Sundar Pichai vornehmen, seit wenigen Wochen nicht nur Senior Vice President für Chrome / Chrome OS sondern auch für Android zuständig. Und dieser strich gleich einmal heraus, wie sehr sich unsere Welt in den letzten Jahren verändert hat. Längst werden eine Vielzahl unterschiedlicher Gerätetypen verwendet, wo vor Jahren noch der Windows-Desktop dominiert hat. Und dann folgte wie in den vergangenen Jahren ein schneller Fokus auf Android: Mittlerweile gebe es nicht weniger als 900 Millionen aktivierte Geräte mit Googles mobilem Betriebssystem.

Google Play Services

Die konkreten Neuerungen für Android durfte dann einmal mehr Googles Hugo Barra präsentieren, und setzte hier durch die Reihung einen klaren Fokus: Mit den Google Play Services gebe es mittlerweile ein weitgehend von der konkreten Android-Version unabhängiges Framework, das zentrale Funktionen liefert. Mit der Version 3.1 führt man hier diverse neue APIs ein, unter anderem "Fused Location Providers", die den Stromverbrauch von ortsabhängigen Services reduzieren sollen sowie "Geofences" und "Activity Recogniton". Mit letzteren können Apps, die keine Echtzeitinformationen brauchen, diese Informationen nachträglich von einem Google-Server bekommen, müssen also nie "live" den Standort abfragen.

Cloud Messaging

Ebenfalls neu sind Google+ Cross Platform Single Sign-On sowie Verbesserungen für Googles Cloud Messaging (GCM): Per Upstream Messaging können nun Informationen auch von der App zum Server - und nicht nur wie bisher in die umgekehrte Richtung - verschickt werden. Auf besonderen Zuspruch der anwesenden EntwicklerInnen traf die Ankündigung von "synchronisierten Benachrichtigungen", mit der diese zwischen mehreren Geräten auf dem selben Stand gehalten werden können.

Play Games Services

Ganz neu ist ein Service, das im Vorfeld schon bestens "geleakt" wurde: Die "Google Play Games Services" verstehen sich als eine Art Pendant zu Apples Game Center.  Für Multiplayer-Games werden dabei unter anderem bei Google gehostete "Leaderboards" sowie "Achievements", ein Invite-System und eine Chat-Funktion angeboten. Das Ganze funktioniert sowohl mit Echtzeitspielen als auch mit rundenbasierten Games. Speicherstände und Einstellungen werden bei allen Spielen, die Google Play Games nutzen zwischen allen mit dem gleichen Account verbundenen Geräten automatisch abgeglichen. Zum Management der Kontakte werden die Kreise von Google+ genutzt, über diese kann beispielsweise festgelegt werden, wer Benachrichtigungen erhält. Besonders spannend: Die Google Play Games Services sollen nicht nur für Android sondern auch für das Web und iOS zur Verfügung stehen.

Android Studio

Den Fokus auf vor allem für EntwicklerInnen interessante Neuerungen setzt man mit der Vorstellung von Android Studio, das die Entwicklung künftig erheblich erleichtern soll. So bietet die integrierte Entwicklungsumgebung etwa zahlreiche Vorschaumodi, womit beispielsweise schnell erkundet werden kann, wie eine App auf unterschiedlichen Gerätetypen aussieht. Alle Änderungen am Code werden hier "live" als Vorschau ausgegeben. Ebenfalls von zentraler Bedeutung für EntwicklerInnen ist die Google Play Developer Console, die ebenfalls verbessert wurde. So gibt es nun offizielle Unterstützung für Beta-Test und "Staged Rollouts". Auch ein zentrale Übersetzungsservice und eine bessere Darstellung von Umsätzen erfreute die Anwesenden.

Play Store

Danach folgte ein Blick auf den Play Store, dessen Android-Version erst vor einigen Wochen grafisch vollständig überarbeitet und im Vorfeld der I/O noch mal verfeinert wurde. Nun folgt diesem ein Redesign der Web-Version, das in den kommenden Wochen für alle NutzerInnen verfügbar sein soll.

Streaming-Service

Mit Google Play Music All-Access führt Google einen eigenen Musik-Streaming-Service ein, der Spotify und Co. Konkurrenz machen soll. Vom Start weg mit dabei sind die drei großen Musik Labels Sony, Universal und Warner Music Group. Musik soll dabei "on-demand" sowohl über Youtube als auch per Play Store bezogen werden können, womit das Modell näher an Spotify als an Internetradios wie Pandora liegt. Und doch kann  "All-Access" aus jedem Lied eine Radiostation erstellen, eine Art nie endender "Instant Mix" aus dem gesamten Programm der großen Labels. 

Startschuss

Google Play Music All Access startet umgehend in den USA, dies um einen monatlichen Abo-Preis von 9,99 US-Dollar. Wer sich bis zum 30.6. anmeldet zahlt nur 7,99 US-Dollar, die ersten 30 Tage kann der Service zudem kostenlos ausprobiert werden. Andere Länder sollen "bald" folgen. Eine aktualisierte Google Play Music App ist bereits im Play Store verfügbar.

Bildung

Eine gänzlich neue Initiative ist "Google Play for Education", mit der es einfacher werden soll Android-Tablets in Schulen zu verwenden. Hierbei wird es eine Art eigenen Play-Store für LehrerInnen geben, über welchen sie gezielt Apps für ihre SchülerInnen zur Verfügung stellen können.

Galaxy S4

Eine klare Ansage zu den Gerüchten über das angeblich angeschlagene Verhältnis zwischen Google und Samsung lieferte man in Hardwareform. Und zwar mit der Vorstellung einer neue Version des Galaxy S4, die softwareseitig mit einer "Nexus User Experience" ausgestattet ist, also einem unmodifizierten Android. Das Gerät soll in den USA ab dem 26. Juni direkt über den Play Store verkauft werden und wie Nexus-Geräte auch umgehend Updates von Google selbst erhalten. Den Preis gibt man mit 649 US-Dollar an, dies samt LTE und 16 GByte lokalem Speicher.

Chrome OS

Dann folgte der Wechsel auf das zweite große Softwareökosystem von Google: Chrome bzw. Chrome OS. Dabei betont Sundar Pichai noch einmal, dass es beim High-End Chromebook Pixel nicht um den Massenmarkt geht, sondern darum den EntwicklerInnen ein Geräte in die Hand zu geben, um die nächste Generation von Web-Anwendungen zu bauen. Und dieser Zielsetzung kam man dann in Folge auch sehr direkt nach: Alle Anwesenden erhalten ein eigenes Chromebook Pixel.

Speed

Essentiell für den Erfolg des Webs als Anwendungsplattform ist der Bereich Performance. Zu den aktuellen Verbesserungen gehört hier die Integration von Mozillas asm.js, das gewisse Javascript-Aufgaben laut Google um den Faktor 2.4 beschleunigt. Als weiteren zentralen Punkt sieht man den Wechsel von JPEG auf WebP an, womit Grafiken wesentlich weniger Platz brauchen sollen. In diesem Bestreben hat man übrigens erst unlängst Unterstützung von Facebook erhalten, das Mozilla zur Unterstützung von WebP gedrängt hat. Und dann wäre da noch das Videoformat WebM, in dessem Zentrum künftig das Video-Codec VP9 stehen soll, das in den nächsten Monaten auch offiziell von YouTube unterstützt werden sollen.

Bezahlen

An neuen Features zeigte Google die Integration von Google Wallet in die mobile Version von Chrome, mit der Online-Bezahlvorgänge erheblich vereinfacht werden soll. Zudem hielt Google - wie schon den Vorjahren - wieder eine beeindruckende Tech-Demo bereit: Ein einfaches Rennspiel, das über mehrere nebeneinander gelegte Bildschirme gespielt wurde, von Tablets über Smartphones bis zu einem iPhone. Möglich gemacht wird dies durch den flotten Sync-Service von Chrome, wie Google betonte.

Google+

Dass Google keinerlei Pläne hat, Google+ wieder aufzugeben, demonstriert man mit einem großen Update: 41 neue Funktionen sollen im Laufe des Tages verfügbar sein, darunter eine weitere Design-Iteration des Streams für alle Plattformen - vom Web bis zu mobilen Geräten. So werden Artikel künftig automatisch mit Hashtags versehen, dies demonstrierte man anhand eines Bild des Eiffelturms, das trotz Fehlens einer entsprechenden Beschriftung korrekt identifiziert wurde. Aus Privacy-Gründen sollen sich die NutzerInnen einzeln entscheiden können, ob sie diese Feature bei einem Posting aktiviert haben wollen - oder eben nicht.

Hangout

Ein steter Quell für Google-Kritik war die zuletzt reichlich undurchsichtig gewordene Situation im Bereich "Messaging". Unter dem Namen "Google Hangout" sollen nun künftig praktisch alle die betreffenden Lösungen unter einem Dach zusammengeführt, also vom Chat-Client Google Talk über den Google+ Messenger bis zu den Video-Hangouts. Neben einer Android-App (die das bestehende Google Talk ablöst, Anm.) gibt es einen Webclient für "Google Hangout", der wie der Vorgänger "Talk" direkt im Gmail-Interface angesiedelt ist. Auch eine iOS-Version wird es geben, alle sollen noch im Verlaufe des Tages verfügbar sein.

Fotos

"Googles Rechenzentren sind die neue Dunkelkammer" zeigt sich Vizepräsident Vic Gundotra überzeugt. In Zukunft soll Google+ den NutzerInnen einige übliche Tasks abnehmen, etwa doppelte Fotos aussortieren, und automatisch die "besten Shots" in einer Highlight-Sicht zusammenfassen. Zu Privacy-Bedenken wird allerdings sicherlich ein anderes Feature führen: Anhand der "Kreise" bekommen Fotos der eigenen Familie und Freunde automatisch prominentere Beziehungen.

Bildbearbeitung

Darüberhinaus verkündete Gundotra signifikante Verbesserungen für die Bildbearbeitungsmöglichkeiten von Google+ Photos. So sollen auch über- und unterbelichtet Fotos künftig mit einem Klick online "gerettet" werden, für andere typische Probleme wie Rauschen soll es ähnliche Tools geben. Google Photos kann diese Schritte - auf Wunsch - automatisch bei allen hochgeladenen Fotos vornehmen, behält dabei aber auch immer das Original zurück.

Suche

Und dann folgte noch das, was Google provokativ als das "Ende der Suche, wie wir sie kennen" nennt: Das Vorhaben des Unternehmens eine Art "Star Trek Computer" zu bauen. Ein Projekt an dem man an mehreren Fronten arbeitet, und für all diese hatte man Neuerungen zu verkünden. So gibt es die nächste Ausbaustufe des "Knowledge Graph", dieser kann nun etwa automatisch kontextbezogene Diagramme darstellen. Außerdem werden vier neue Sprachen unterstützt, darunter traditionelles und simplifiziertes Chinesisch.

Google Now

Vor einem Jahr im Rahmen der Google I/O 2012 erstmals vorgestellt, hat Google Now über die letzten Monate unübersehbar eine immer wichtigere Rolle in der Strategie des Softwareherstellers eingenommen. So gibt es etwa seit kurzem eine iOS-Version der "vorausschauenden" Suche, die relevante Informationen bietet, ohne dass die NutzerInnen überhaupt erst danach suchen müssen. Nun baut man diesen Service mit diversen neuen Karten aus, etwa für Erinnerungen, Musik und Bücher. Ein neue Version der Android-App für die Google Suche ist umgehend im Play Store verfügbar.

Spracheingabe und -ausgabe

Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Start von "natürlicher" Spracheingabe im Browser Chrome, bisher war dies nur auf Android und iOS möglich. Wie von den mobilen Geräten bekannt, reagiert Chrome mit Sprachausgabe auf viele Anfragen. Besonders beeindruckend dabei, wie gut die "kontextuelle" Suche mittlerweile funktioniert, so dass Google bei Nachfolgefragen automatisch erkennt, auf wen oder was sich diese bezieht, auch wen nur die Begriffe "er" oder "sie" formuliert werden. Auch sind künftig Fragen nach dem Muster "Show me pictures from my trip to New York last year" möglich.

Google Maps

Der nächste Themenwechsel kam ebenfalls nicht ganz überraschend: Dass Google Maps eine Generalüberholung verpasst bekommt, war schon im Vorfeld nach außen gedrungen. Den Anfang machte dabei eine neue Android-Version, die unübersehbar einige Design-Ideen vom iOS-Release übernommen hat. Aber es gibt auch neue Features, etwa die Integration von Informationen über Unfälle - und die automatische Reaktion von Google Navigation, indem umgehend eine alternative Route angeboten wird. Für all dies müssen sich die NutzerInnen aber noch etwas gedulden, die neuen Versionen sollen "diesen Sommer" veröffentlicht werden.

Umbau

Die Web-Version von Google Maps wurde ebenso vollständig neu gestaltet, dies nicht nur in Hinblick auf die Oberfläche, sondern auch, was die Technik im Hintergrund betrifft. So sind diverse Google-Earth-Funktionen wie 3D-Gebäudeaufnahmen oder die Echtzeitdarstellung von Wolken nun direkt verfügbar. Zur Darstellung wird das Javascript-3D-API WebGL genutzt, ein eigenes Plugin ist also nicht (mehr) nötig.

Flugsuche

Ebenfalls neu sind Verbesserungen der Suchfunktion sowie die Aufnahmen von Flugsuchen. Bei der Routenplanung können nun zudem direkt unterschiedliche Transportmethoden miteinander verglichen werden.  Darüber hinaus versucht Maps künftig vom NutzerInnenverhalten zu lernen und bietet Empfehlungen auf Basis der favorisierten Orte und Bewertungen der UserInnen. Die neue Version von Google Maps bleibt vorerst den BesucherInnen der I/O vorbehalten, alle anderen können sich im Verlauf des Tages für die "Preview" anmelden.

Der CEO ist da

Zum Schluss gab es dann noch Standing Ovations für einen Überraschungsauftritt von Google-CEO Larry Page, der erst vor kurzem bekannt gegeben hatte, dass er unter einer Stimmbandlähmung leidet, was an seiner Stimme auch unverkennbar zu bemerken war. In seiner Ansprache konzentrierte er sich auf grundlegende philosophische Themen. So beklagte Page etwa, dass die Menschheit noch immer nur einen Bruchteil des eigenen Potentials nutze. Ein Umstand, den er nicht zuletzt auf die negative Grundstimmung, die oft gegenüber neuen Technologien herrsche, zurückführt.

Klare Ansagen

Danach stellte sich der Google-CEO den Fragen des Publikums, und ging dabei auch sehr offen auf Defizite ein. So sei das Verhältnis mit Java-Entwickler Oracle - dessen Technologie eine wichtige Rolle für Android spielt, "sehr schwierig". Er hoffe hier aber langfristig auf Besserung. (Andreas Proschofsky aus San Francisco, derStandard.at, 15.05.13)