Was sich Studierende der Columbia University - und Audi - unter Zukunft vorstellen: unterasphaltische Parklandschaften.

Foto: audi

Die Diskussionsrunde: Audi-Vertriebsschef Luca de Meo, Anne Guiney (Institute for Urban Design) und Mark Wigley (Columbia University).

Foto: audi

Stadt im Wandel: Dafür ist die High Line (Manhattan) - eine Frachthochbahn wird zum grünen Freizeitpark - ein beliebtes Exempel. Grün? Soll auch die fernere Zukunft sein.

Foto: audi

Das interdisziplinäre Projekt "Extreme Cities" blickt in eine Zukunft wie diese.

Foto: audi

Mehrere Wechsel des Verkehrsmittels für längere Distanzen, eine Einfach-Lösung für Kurzstrecken. Kurzum: Asymmetrische Mobilität.

Foto: audi

Mehr Spielerei als konkreter Ausblick: Rasenstreifen on Demand.

Foto: audi

"Seht! Ich zeige euch den letzten Menschen. (...) Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh." Wie dieser Erdenfloh, den Nietzsche (Also sprach Zarathustra) im späten 19. Jahrhundert hellsichtig vorausahnte, 2050 auf Erden rumhüpfen wird, sucht Audi zu ergründen.

Da der deutsche Denker schon lange tot ist und es keinen Philosophen mehr gibt, der nur annähernd dessen (seherisches) Format erreichte, müssen die Ingolstädter Heerscharen kluger Köpfe aktivieren. Sie tun dies in der 2010 initiierten Audi Urban Future Initiative: interdisziplinär, gemeinsam mit Architekten, Stadtplanern, Unis. Und biennal wird der hoch dotierte Architekturpreis Urban Future Award vergeben.

Viele bunte Audis

Der ging im Herbst an Höweler+Yoon Architecture aus Boston, Audi-Chef Rupert Stadler gab sogleich ein City-Dossier in Auftrag - mit dem Zielfokus, konkrete Ansätze für ein Mobilitätstestlabor in Boston zu erarbeiten. Heißt wohl auch: Bald einmal werden dort viele bunte Audis zu sehen sein.

Die Präsentation und Diskussion des aktuellen Stands dieses Projekts war mit ein Grund für eine Veranstaltung in New York - die anderen lauteten: Ideas City Festival und Extreme Cities Project.

Abschöpfung kreativen Potenzials

Bei Ersterem handelt es sich um ein seit 2011 vom New Museum veranstaltetes Grätzelfest, bei dem Audi als Hauptsponsor fungiert, Zweck: Ortung und Abschöpfung kreativen Potenzials in Richtung Mobilität von morgen.

Beim Extreme Cities Project handelt es sich um eine Kooperation mit der New Yorker Columbia University. Da wird es besonders spannend, denn der Horizont liegt weit in der Ferne, 2050, wie erwähnt.

Vielfache Herausforderungen

Sieben Milliarden Menschen werden dann in Städten leben, irre Perspektive, das wäre die gesamte heutige Weltbevölkerung. Allerdings hat sich die Stadt bisher auch insofern als Erfolgsmodell erwiesen, als sie sich mannigfaltigsten Herausforderungen angepasst hat, auch durch Transformation der Infrastruktur. Car-to-Car-Kommunikation und intelligente Signaltechnik (Stichwort: Smart City) sind die nächsten Schritte - und autonomes Fahren.

All das wurde lustvoll diskutiert, passenderweise im reichlich transparenten Glass House. Angereist als Audis Hauptrepräsentant war Vertriebs- und Marketingchef Luca de Meo, und der vermeinte, aus dem Extreme Cities Project (und aus dem Espresso-Sud?) fünf Langzeitradar-Hypothesen extrapolieren zu dürfen: Asymmetrische Mobilität, Demografie, Komplexität, Migration, Großzügigkeit.

Asymmetrisch? Erst müssen wir asymmetrisch Krieg führen, jetzt auch noch asymmetrisch mobil sein/werden? Na ja, das ganze Leben sei schließlich asymmetrisch, philosophierte de Meo, "sogar ich selbst bin asymmetrisch, ich bin ja ein Mensch" - und dies, obwohl er als Italiener alle Rechte auf Symmetrie hätte, der Luca.

Multipel unterwegs

Spaß beiseite. Schon heute ist es in Städten mit gut ausgebauter Infrastruktur so, dass Menschen aus etlichen Transportangeboten wählen (können), Rad, Auto, U-Bahn etc., der Erdfloh hüpft von einem zum anderen, ein Trend, der sich weiter verstärken wird.

Das Auto stehe dabei weiterhin für die Idee der Freiheit, das habe nichts an Strahlkraft verloren, betont de Meo - der übrigens einer Carsharing-Zukunft ganz und gar nichts abgewinnen kann. "Ich würde niemandem mein iPhone fünf Minuten borgen. Warum sollte man das mit einem Auto tun?"

Asymmetrische Mobilität

Da lacht die Runde, lacht auch De-Meo-Gesprächspartner Mark Wigley, geistreicher Dekan der Columbia Graduate School of Architecture, Leiter des Extreme Cities Project. Und ergänzt: Die Stadt selbst sei ein Vehikel, ständig in Bewegung. "Wir sind auf einer Fahrt, wo A heute und B die Zukunft ist, und keiner weiß, wie B aussehen wird." Wir mutmaßen: asymmetrisch. "Weil Städte immer werden, niemals sind."

Nun macht Audi, damit ein abschließendes Wort zum Veranstaltungsort, so was nicht aus Jux und Tollerei, und dem Diplom-Betriebswirt an Audis Spitze, Stadler eben, wird niemand übertrieben philanthropische Ambitionen unterstellen wollen. Nein, ihm geht es wie dem Lauda, er hat auch nix zu verschenken.

Mit Langzeitperspektive

Und so liegt das Augenmerk - neben der Langzeitperspektive der Urban Future Initiative (Sicherung des Geschäftsmodells Automobil) - auch auf der kurzfristigen Präsenz der Marke in den USA. Dort hat Audi aufgeholt, gegenüber BMW und Mercedes bleibt aber noch einiges zu tun.

Da passen Engagements an der finanzstarken Ostküste wie in New York, passt ein Projekt wie das für Boston geplante ja wunderbar. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 10.5.2013)