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Es gilt als sicher, dass sich Menschen mit dem Erreger infiziert haben, die keinerlei Kontakt zu Vögeln hatten.

Foto: AP/PIER PAOLO CITO

Das in China grassierende neue Vogelgrippe-Virus gibt Experten weltweit Rätsel auf. "Wir verstehen nicht, warum das Virus diese merkwürdigen Infektionen beim Menschen auslöst", sagt der deutsche Mikrobiologe Alexander Kekule aus Halle. Bekannt war den Wissenschaftlern, dass Viren, die besonders aggressiv gegenüber Vögeln sind, gelegentlich auf den Menschen überspringen. Die neue Influenzavirus-Variante A(H7N9) stellt die gängigen Annahmen aber auf den Kopf.

"Hier ist es so, dass das Virus bei den Vögeln fast keine Symptome auslöst", erläuterte Kekule, der das deutsche Institut für Biologische Sicherheitsforschung (IBS) leitet. Und weil das Geflügel nicht erkennbar krank wird, ist die Gefahr groß, dass infizierte Hühner, Enten oder Tauben konsumiert werden.

Pandemie-Risiko unklar

Noch etwas erscheint beunruhigend. "Aufgrund der genetischen Analyse können wir sagen, dass sich das Virus auf jeden Fall schon eine Zeit lang im Menschen oder einem anderen Säugetier befunden haben muss, etwa in einem Schwein", sagt Kekule. Dabei habe es sich so angepasst, dass es an den menschlichen Zellen in den Atemwegen besser andocken könne. Das führt offenbar zu den schweren Erkrankungen bei Menschen.

Am 1. April berichtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals über das neue Vogelgrippe-Virus, an dem zunächst drei Menschen im Osten Chinas erkrankten. Knapp einen Monat später führt die WHO bereits 24 bestätigte Todesfälle und 126 im Labor bestätigte Infektionen durch A(H7N9) auf. Einige asiatische Länder haben bereits ihre Kontrollen an den Flughäfen verschärft.

Fachleute stellen sich die Frage, ob das neue Vogelgrippe-Virus das Potenzial haben könnte, eine Pandemie mit weltweit möglicherweise Millionen von Toten auszulösen. Eine klare Antwort gibt es nicht.

Kein "Horror-Virus"

Denn um eine Pandemie auszulösen, muss sich ein Grippe-Virus so verändern, dass es sich leicht von Mensch zu Mensch ausbreitet. Bei A(H7N9) sehen Experten dies noch nicht als gegeben an. Laut WHO gibt es bisher keine Hinweise auf eine "anhaltende Mensch-zu-Mensch"-Übertragung. Gleichwohl gilt als sicher, dass sich Menschen mit dem Erreger infiziert haben, die keinerlei Kontakt zu Vögeln hatten. "Daher ist eine Übertragung durch ein anderes Säugetier oder wohl eher durch andere Menschen sehr wahrscheinlich", folgert Kekule.

Doch auch nach Ansicht des Virologen ist A(H7N9) noch weit davon entfernt, als "Horror-Virus" klassifiziert zu werden. "Das Virus müsste auf jeden Fall noch einige genetische Veränderungen durchmachen, bevor es in der Lage wäre, eine Pandemie auszulösen." Positiv führt der Experte an, dass bisher noch nicht beobachtet worden sei, dass H7-Viren sich beim Menschen ausbreiten.

Auch Susanne Glasmacher vom deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) betonte, ob sich ein Vogelinfluenza-Virus genetisch so verändern und anpassen könne, dass es von Mensch zu Mensch übertragbar werde, lasse sich nicht vorhersagen.

Experte fordert Importverbot von Hühnerfleisch

Kekule warnt, gerade weil das Virus höchst ungewöhnlich sei, müsse besondere Vorsicht gelten. Der Virologe fordert deswegen ein Importverbot für Hühnerfleisch aus China, zu dem sich die EU bisher aber nicht durchringen konnte.

Das Europäische Zentrum für Krankheitsprävention und Kontrolle (ECDC) rät China-Reisenden davon ab, Märkte mit Tieren, insbesondere Geflügelmärkte, zu besuchen. Auch der direkte Kontakt zu Tieren sollte tabu sein. Die Hygieneregeln, wie häufiges und gründliches Händewachsen, sind streng einzuhalten. Kekule mahnt zudem, nur gut durchgegartes Fleisch zu essen. (APA/Reuters/red, 30.4.2013)