"Hier sitzen hundert Prozent der österreichischen Immobilienwirtschaft." Mit dieser raumgreifenden Feststellung wurde am Freitag Vormittag eine Pressekonferenz der sogenannten "Plattform Immobilienwirtschaft Österreich" eingeleitet. In diesem losen Bund wollen sich die wichtigsten Verbände der heimischen Immobilienwirtschaft - WKÖ-Fachverband, Immo-Investoren, ÖVI und Hausbesitzer - nach einigen Jahren des getrennten Marschierens nun wieder sammeln, um im Ringen um ein neues Wohnrecht gemeinsam vorzupreschen.

Auf der Pressekonferenz gab es dann zunächst allerdings relativ wenig Neues zu hören. Denn dass die fünf Herren, die sich im Café Landtmann das Podium teilten – Michael Pisecky, Martin Prunbauer, Thomas Malloth, Udo Weinberger und Wolfgang Louzek -, für ein "neues, modernes Wohnrecht" eintreten, war bekannt.

Klausur à la Laxenburg

Malloth, Bundesobmann des WKÖ-Fachverbands der Immobilientreuhänder, hatte dann aber doch einen neuen Vorschlag auf Lager: Er forderte eine großangelegte Klausur, "auf der die besten 200 bis 300 Köpfe des Landes so lange an einem neuen Mietrecht arbeiten sollen, bis weißer Rauch aufsteigt". Das Ganze sollte idealerweise gleich nach den Nationalratswahlen im Herbst, also zu Beginn der kommenden Legislaturperiode, stattfinden. Eine "kurzfristige Lösung noch vor den Wahlen" wäre nach Ansicht der Plattform absolut kontraproduktiv, weshalb davor auch "ausdrücklich gewarnt" wurde.

Dass eine solche Klausur unter einer neuen Regierung von Erfolg gekrönt sein könnte, hält Malloth durchaus für möglich. Manche Positionen von Mieter- und Vermietervertretern seien nämlich dem Grunde nach nicht so weit entfernt, wie das oft den Anschein habe.

Im Gespräch mit derStandard.at wies der WKÖ-Fachverbandsobmann außerdem darauf hin, dass es so ein "Zusammensetzen kluger Köpfe" schon einmal gab, nämlich vor etwas mehr als 13 Jahren in Laxenburg südlich von Wien. Im November 1999 wollte der damalige (parteifreie) Justizminister Nikolaus Michalek mit einem "rechtswissenschaftlichen Symposium" ein "wohnrechtliches Erneuerungsprojekt" für die kommende Legislaturperiode auf Schienen bringen, um das "vielfach als zu kompliziert und unübersichtlich empfundene" Wohn- und Mietrecht durch eine "grundlegende Neugestaltung zu vereinfachen und zu straffen".

"Auch Vermieten muss leistbar bleiben"

Dieser Diagnose ist auch heute noch nach Ansicht sämtlicher Experten nichts hinzuzufügen bzw. wegzunehmen. Deshalb müsse nun endlich etwas passieren in Sachen Mietrecht, forderte Malloth eindringlich; die derzeitige "unsichere Situation" sorge bloß dafür, dass "der Mieter überlegt, wie er den Vertrag anfechten kann, und der Vermieter, ob er überhaupt noch vermieten soll, weil er nicht weiß, was morgen passiert". 

Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB), sprach deshalb einmal mehr von einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft der Mieter": Hüben die mit den Altverträgen von zwei bis vier Euro je Quadratmeter, drüben jene, die sich um ein Vielfaches dessen einmieten müssen.

Es müsse aber nicht nur Wohnen, sondern auch Vermieten leistbar bleiben, pflichtete ihm Udo Weinberger, Präsident des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), bei. Die Qualität der Wohnungen habe sich seit Inkrafttreten des Richtwertmietengesetzes im Jahr 1994 entscheidend verbessert, sagte der ÖVI-Präsident, "die mietrechtliche Normwohnung aus 1991 ist mit einer heutigen Wohnung überhaupt nicht mehr vergleichbar".

"Wiener Flächenwidmung ändern"

Was die Schaffung neuen Wohnraums betrifft, befürchtet Michael Pisecky, Obmann des Wiener Fachverbands der Immobilientreuhänder, dass die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung allein nicht genügen wird, um den künftigen Bedarf an Wohnraum abzudecken. Den - vagen - Plan der Bundesregierung, ein zusätzliches "Wohnbauförderprogramm" zu starten, begrüßt die Plattform deshalb ausdrücklich. In Wien müsse aber auch bei der Flächenwidmung angesetzt werden; diese stamme aus den 1980er-Jahren und sei auf eine Bevölkerungszahl von 1,35 Millionen ausgelegt. "Wir bewegen uns jetzt aber in Richtung zwei Millionen", so Pisecky.

Das unterstrich auch Wolfgang Louzek, Präsident des Verbands der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII). "Nur wenn ausreichend Wohnraum - privater ebenso wie sozialverträglicher - vorhanden ist, kann sich die Situation verbessern." Er betonte gleichzeitig, dass es "nicht Aufgabe der privaten Vermieter sein kann, die Sozialleistungen des Staates zu übernehmen".

Wer sozial bedürftig sei, solle im Sozialbereich bedient werden, sagte auch Malloth. Es müsse beides geben - "marktkonforme Mieten und Förderungen für jene, die es sich nicht leisten können".

Plattform "wiederbelebt"

Die "Plattform Immobilienwirtschaft" ist zwar in dieser personellen Zusammensetzung neu, nicht aber als Branchen-Zusammenschluss der wichtigsten Player. Schon vor einigen Jahren gab es mehrere Pressekonferenzen; zuletzt war man im Dezember 2009 gemeinsam aufgetreten, um ein Konjunktur-Maßnahmenpaket zu präsentieren.

Detail am Rande: Schon damals hatte die Gruppierung konkret vorgerechnet, dass es Direktinvestitionen von drei Milliarden Euro bringen könnte, wenn "30.000 Altbauten mit je 1.000 m² Nutzfläche um 100 Euro je Quadratmeter" saniert würden. Am heutigen Freitag wartete Malloth mit ebendieser Rechnung neuerlich auf – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass diese Maßnahmen ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von einem Prozentpunkt bedeuten würden.

Mietervereinigung begrüßt Plattform

Positiv zur (Wieder-)Gründung der "Plattform Immobilienwirtschaft" äußerte sich am Freitag übrigens die Mietervereinigung Österreich (MVÖ). Man wisse nun endlich, "wer ein echter Ansprechpartner ist, wenn es darum geht, sozialpartnerschaftliche Verhandlungen für Faires Wohnen zu führen", schrieb Präsident Georg Niedermühlbichler in einer Aussendung. Zu den präsentierten Forderungen sei aber dennoch "klar festzuhalten, dass diese nicht geeignet sind, Wohnen tatsächlich leistbarer zu machen".

Die Mietervereinigung war auch 1999 in Laxenburg in die "Erneuerung des Wohnrechts" eingebunden. Nach einigen Monaten der Mitarbeit legte man diese dann aber per offenem Brief an den damals neuen (blauen) Justizminister Dieter Böhmdorfer im Oktober 2000 nieder: "Die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises ist in keiner Weise ausgewogen", protestierte die damalige Mietervereinigungs-Präsidentin Doris Bures. "Mieterschützer sind spärlich vertreten und müssen daher in jeder Einzelfrage die Minderheit bleiben."

Experten tagten umsonst

Drei Monate zuvor war eine Wohnrechtsnovelle in Kraft getreten, mit der unter anderem der Befristungsabschlag bei Richtwertmieten eingeführt wurde. Im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) wurde damals außerdem die Kaufoption nach zehn Jahren geschaffen.

Mit den Ergebnissen des Expertengremiums hatte das alles aber wenig zu tun: Dieses hatte damals neben vielen weiteren Maßnahmen eine schrittweise Anpassung der bestehenden Altmietzinse für Wohnungen und Geschäftsräume innerhalb von 20 Jahren vorgeschlagen; im Gegenzug sollten die Erhaltungspflichten des Vermieters ausgebaut werden. (Martin Putschögl, derStandard.at, 26.4.2013)