Bild nicht mehr verfügbar.

Farbe, Form, Material und Verarbeitung sind zentrale Elemente, mit denen Schuhe auch heute noch den sozialen Status ihres Trägers unterstreichen.

Foto: Reuters/STEFAN WERMUTH

Bild nicht mehr verfügbar.

Nicht zufällig zählt die rote Schuhsohle zum Markenzeichen von Designer Christian Louboutin.

Zur Fotostrecke: Schuhe mit Geschichten

Foto: Reuters/CARLO ALLEGRI

Durch Farbe, Form und Material haben Schuhe über Jahrhunderte den Sitz der Macht gekennzeichnet. Das zeigt die kürzlich in Graz eröffnete Ausstellung "Ihr Auftritt!", die Schuhdesigns der vergangenen 2.700 Jahre an einem Ort versammelt. derStandard.at sprach mit Kuratorin Eva Marko.

derStandard.at: Warum eine Ausstellung über dieses scheinbar banale Thema?

Marko: Einerseits ist es ein Thema, das uns alle betrifft. Auf der anderen Seite hat Graz eine lange Tradition in der Schuhproduktion durch die Gründung der Weltschuhfabrik 1870.

Die Ausstellung setzt zeitlich aber viel früher an: Der älteste Arbeitsschuh, der gezeigt wird, stammt etwa aus dem Jahr 700 vor Christus. Dabei handelt es sich um den Bundschuh eines Bergmannes aus dem Salzbergwerk in Hallstatt. Es ist schon sehr erstaunlich, dass dieser Salinenarbeiter einen Lederschuh hatte. Das war zu jener Zeit sehr außergewöhnlich – doch Salz war kostbar und damit auch der Arbeiter, deshalb wurde ihm auch ein Lederschuh gegönnt.

derStandard.at: Gilt demnach: "Zeige mir deine Schuhe und ich sage dir wer du bist"?

Marko: Schuhe verleihen Status. Früher noch viel mehr als heute: Der arme Mensch, der sich gar nichts leisten konnte, musste bloßfüßig gehen. Daher stammt auch noch die grausliche Bezeichnung "die Bloßfuaßaten".

derStandard.at: Das heißt, Schuhe sagen etwas über den Rang und Namen ihres Trägers aus?

Marko: Ja, selbstverständlich! Kennzeichnend sind hier vier wesentliche Elemente: die Farbe, das Material, die Verarbeitung und die Form. Beispielsweise war der Schnabelschuh im 15. Jahrhundert ein ganz spezielles Statussymbol. Durch Kleidervorschriften wurde präzise die Länge dieser Spitze vorgegeben, wobei das Tragen nur Fürsten zugestanden ist. Hat sich jemand erdreistet einen längeren Schuh anzuziehen als ihm erlaubt war, wurde er bestraft. Mitunter auch der Schuster, der die Schuhe angefertigt hatte.

Ein anderes Beispiel ist Ludwig XIV., der mit dem Tragen von Absätzen begonnen hat. Damit veränderte sich auch seine Art zu gehen, was ihm zusätzlich Würde verleihen sollte – demnach ist er nicht mehr gegangen, sondern geschritten.

derStandard.at: Mit der französischen Revolution verlor der Schuh an Höhe. Heute sind hingegen High Heels wieder en vogue. Ist das ein Zeichen dafür, dass ihre hierarchische Symbolkraft verloren gegangen ist?

Marko: Es gibt diesen Ausspruch: "Mit den Köpfen des Adels sind auch ihre Absätze gefallen." Der Stöckelschuh war ein Zeichen der Hierarchie, das unter der Bevölkerung verhasst war. Deshalb kam es im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Nivellierung, die auch die Mode des 19. Jahrhunderts prägte.

Heute ist das Gegenteil der Fall. Viele Menschen tragen High Heels. Jeder kann sie anziehen, auch Herren. Während der Stöckelschuh noch in den 1950er- und 60er-Jahren nur zu bestimmten Anlässen und ab einer gewissen Uhrzeit getragen wurde, können Sie heute damit ins Büro gehen. Ich kenne Leute, die sogar zuhause High Heels tragen. Wenn nun viele Leute hohe Absätze tragen, dann hat das natürlich auch eine Art nivellierende Wirkung. Genau aus diesem Grund können wir bei hochhackigen Schuhen immer mehr Extreme beobachten – wir sind heute bei Höhen angelangt, die unglaublich sind. Mir kann aber niemand erzählen, dass solche Schuhe wirklich bequem sind.

derStandard.at: Können Schuhe gegenwärtig überhaupt noch einen konkreten Hinweis auf den sozialen Status liefern?

Marko: Es gibt hier zwar sehr viel Schein, aber heute ist das schon auch noch so, jedoch viel differenzierter. Heute müssen Sie schon ein bisschen mehr über die Schuhe wissen – also über das Material, die Marke und den Preis. Die Schuhe von Christian Louboutin, zu deren Markenzeichen die rote Sohle zählt, sind hier ein schönes Beispiel. Er lässt seine gut zahlenden Kundinnen in dem Glauben, dass sie quasi auf dem Red Carpet gehen. Solche Dinge haben wir alle verinnerlicht. Warum würden diese Schuhe sonst so begehrt sein? Und diese Begehrlichkeit ist für viele Menschen noch ganz wichtig – letztendlich geht es darum, dazugehören zu wollen. (Günther Brandstetter, derStandard.at, 23.4.2013)

Zur Fotostrecke: Schuhe mit Geschichten


Foto: khm wien, foto wohlgemuth graz