4800 Kameras übertragen das Verkehrsgeschehen (hier Tunnelwarte Plabutschtunnel).  Bures will 800 davon auf Rettungs gassensünder ansetzen.

Foto: Asfinag

Mithilfe der Asfinag-Kameras sollen die Rettungsgassensünder überführt werden.

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Wien – 98 Prozent aller heimischen Autofahrer haben laut Umfrage schon einmal etwas von der Rettungsgasse gehört, 94 Prozent wissen, wie sie funktioniert (Linksfahrer nach links, alle anderen nach rechts), 82 Prozent bewerten das bei stockendem Verkehr und  Stau vorgeschriebene Freimachen einer Fahrspur für Einsatzfahrzeuge als sinnvoll – aber in der Praxis funktioniert die im Vorjahr eingeführte und millionenschwer beworbene  Rettungsgasse so schlecht, dass Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) jetzt zu drastischen Maßnahmen greift. Sie will Blockierer und Durchschlängler künftig per Videoüberwachung überführen lassen.

Konkret sollen dafür 800  (von insgesamt 4800) Kameras  der Autobahngesellschaft Asfinag herhalten, die bisher der Verkehrsstromüberwachung- und Steuerung dienten. Bures schlug am Donnerstag vor, dass sich die Polizei in die Übertragung einklinken, im Anlassfall eine Aufzeichnung starten und über die Kfz-Kennzeichen Verkehrssünder ausforschen und anzeigen soll.

Doch im Innenministerium stößt das Vorhaben, für das mindestens die Straßenverkehrsordnung geändert werden müsste, auf wenig Gegenliebe: "Gerade im sensiblen Bereich des Datenschutzes halte ich Schnellschüsse für höchst bedenklich", sagte Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf Anfrage des  Standard. Man werde sich den Vorschlag, der im Übrigen erst am Mittwochabend übermittelt worden sei, zwar ansehen. Aber: "Wir reden hier immerhin von Verwaltungsübertretungen und nicht von Straftätern – und dafür sollen die Autofahrer nun mit einem Schlag mit 800 Kameras überwacht werden?"

Zur Kriminalitätsbekämpfung setze das Innenministerium derzeit an nur 18 Hotspots Kameras ein. "Weil wir mit der Videoüberwachung eben sehr sensibel umgehen", so Mikl-Leitner. Und: "Ich denke, in erster Linie wäre es richtig, die Autofahrer besser zu informieren und nicht stattdessen flächendeckend zu überwachen."

Der Ministerinnen-Zwist mag zum Teil dem Vorwahlkampf geschuldet sein. Doch auch unter anderen Interessenvertretern gibt es unterschiedliche Meinungen. Samariterbund, Rotes Kreuz und Feuerwehr sind für die Videoüberwachung. Auch der ARBÖ kann ihr Positives abgewinnen.

Noch eine Million Euro

Datenrechtler Hans Zeger hingegen spricht von "populistischem Unfug", Videoüberwachung samt Speicherung sei nur bei schweren Strafrechtsdelikten zulässig. Der ÖAMTC kritisiert, dass es generell zu viele Unklarheiten gebe. Etwa diese: Ab wann gilt der Verkehr als stockend? Asfinag-Vorstand Klaus Schierhackl ist willens, für Infokampagnen noch einmal eine Million Euro in die Hand zu nehmen. (simo/DER STANDARD, 5.4.2013)