Nikosia - Zypern droht der Staatsbankrott, doch Politiker und Bürger glauben fest daran, dass die Finanzprobleme des kleinen Inselstaats in einigen Jahren nur eine Episode sein werden. Das Wunder, das dies bewirken soll, heißt Gas. Tatsächlich liegen vor Zypern große Vorkommen, die dem Land Milliardeneinnahmen bescheren könnten. Auf die hat offenbar auch Russland ein Auge geworfen: Moskau will laut Medienberichten im Gegenzug für Hilfe in der Finanzkrise Lizenzen zur Förderung des Rohstoffschatzes.

Aphrodite lockt

Der US-Ölkonzern Noble Energy hat südlich der Insel ein bedeutendes Gas-Vorkommen in zypriotischen Gewässern entdeckt. Das Feld mit dem Namen "Aphrodite" könnte bis zu 224 Milliarden Kubikmeter Gas enthalten - im Wert von schätzungsweise 100 Milliarden Euro. Und Experten vermuten weitere Vorkommen in der Nachbarschaft, nicht nur Gas, sondern auch Öl.

Zypern gründete für die Erschließung im Jänner eigens ein Staatsunternehmen namens Kretyk und begann mit der Vergabe von Förderlizenzen an internationale Energiekonzerne. Doch die Ausbeutung der verheißungsvollen Reserven wird nicht von heute auf morgen anlaufen. Sie liegen tief unter dem Meeresspiegel, was Bohrungen technisch schwierig macht.

Zudem hat auch der Nachbar Türkei, der 1974 den Nordteil Zyperns besetzt hatte, ein Auge auf die Vorkommen. Nach Ansicht Ankaras darf Zypern keine Bohrungen vor der Küste einleiten, solange die Insel geteilt ist. Im November drohte die türkische Regierung, bei eigenen Energieprojekten alle Firmen zu boykottieren, die sich an der Gasförderung in Zypern beteiligen. 2011 hatte Ankara demonstrativ ein eigenes Erkundungsschiff in die Region entsandt - und gedroht, die Mission notfalls mit Kriegsschiffen durchzusetzen.

Gazprom klingelt

Nun kommen womöglich auch die Russen ins Spiel. Die russische Zeitung "Wedomosti" berichtete am Dienstag, die Gazprombank, die zu 41 Prozent dem staatlichen Energiekonzern Gazprom gehört, habe Zypern in der Krise Finanzhilfe vorgeschlagen - im Gegenzug für Lizenzen zur Ausbeutung des Gas-Schatzes.

Schon die Ende Februar abgewählte zypriotische Regierung hatte indes nicht nur auf die Förderung des Gases, sondern auch auf die Verarbeitung zum Export gehofft. Nicht weit von den Touristenstränden um Limassol soll eine riesige Fabrik zur Verflüssigung von Gas entstehen. Die Anlage von Vassilikos soll dabei nicht nur zypriotisches Gas verflüssigen, sondern zielt auch auf Vorkommen in israelischen und libanesischen Gewässern. Das rezessionsgeplagte Zypern mit 840.000 Einwohnern hofft im Fahrwasser des Projekts auf zehntausende Jobs.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Woher die nötigen Investitionen von allein in der Anfangsphase rund zehn Milliarden Euro kommen sollen, ist unklar. Der Baubeginn wird erst für 2016 anvisiert, die Produktion für den Export 2019. Der britische Berater Peter Wallace, der schon ähnliche Projekte betreut hat, sieht die Pläne kritisch: Die bisher vorgesehene Anlage sei zu klein und der Zeitplan sei wenig realistisch. (APA, 20.3.2013)