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Bei der terminalen Niereninsuffizienz kann die Nierentransplantation lebensrettend sein.

Foto: APA/Jan-Peter Kasper

Wien - Geschätzte 250.000 Menschen leiden EU-weit an einem terminalen Nierenversagen, sind also auf eine Dialyse oder Nieren-Transplantation angewiesen. In Österreich (über-)leben mehr als 4.000 Menschen dank regelmäßiger Dialyse, noch einmal so viele aufgrund einer Nierentransplantation. Rund 800.000 Österreicher leiden bereits an einer leicht eingeschränkten Nierenfunktion.

Das Heimtückische an dieser Erkrankung ist, dass die Abnahme der Nierenfunktion schleichend und zunächst unbemerkt erfolgt. Treten Symptome auf, ist das Organ oft schon irreversibel geschädigt. Da sich eine chronische Niereninsuffizienz zumeist aufgrund eines bestehenden Diabetes oder Bluthochdrucks entwickelt, nimmt die Häufigkeit der Nierenschwäche mit zunehmendem Alter zu. Im Rahmen der "Amgen Press Academy" warnten Experten im Vorfeld des Weltnierentages am 14. März, vor einem dramatischen Anstieg der Nierenerkrankungen in den nächsten Jahren.

Screening der Risikopopulationen

Die chronische Nierenschwäche ist der Allgemeinheit kein Begriff, obwohl immerhin 10-13 Prozent der erwachsenen Bevölkerung bereits davon betroffen sind. "Selbst in Krankenhäusern wird die Diagnose häufig übersehen", so Alexander Rosenkranz, Leiter der klinischen Abteilung für Nephrologie am LKH-Universitätsklinikum Graz. Fallen die Nieren vollständig aus (terminales Nierenversagen) kann dies, sofern keine adäquaten Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden, tödlich enden.

Doch bereits eine leichte Niereninsuffizienz ist gefährlich, da es schon bei einem Abfall der Nierenfunktion unter 60% zu einer Risikoerhöhung für kardiovaskuläre Erkrankungen kommt. Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion sterben deutlich häufiger an kardialen Ursachen oder einem Schlaganfall als Nierengesunde - in vielen Fällen lange bevor ihre Nierenerkrankung offensichtlich wird. Daher forderten die Experten auf der Amgen Press Academy ein Screening der Risikopopulationen Hypertoniker und Diabetiker durch Allgemeinmediziner oder Internisten.

Beim terminalem Nierenversagen stehen neben der Nierentransplantation noch zwei Therapieoptionen zur Verfügung. Die Hämodialyse (= Blutwäsche), bei der ein Patient dreimal wöchentlich mehrere Stunden auf einer Dialysestation verbringt. Das Blut wird hier außerhalb des Körpers durch spezielle Filter gereinigt und dann rückgeführt. Bei der Bauchfell- oder Peritonealdialyse wird das eigene Bauchfell als Filtermembran verwendet.

"Nicht alle Verfahren sind für alle Patienten geeignet. Eine optimale Versorgung der Patienten setzt eine entsprechende Aufklärung über die Therapieoptionen voraus," sagt Rosenkranz. Diese sei aber sehr zeitintensiv und in unserem Gesundheitssystem nicht abgebildet. Daher wurde die Schaffung zentraler Anlaufstellen im Sinne der im Österreichischen Strukturplan Gesundheit abgebildeten Referenzzentren vorgeschlagen. Egon Saurer, Obmann des Vereins Nephro Tirol, der selbst dank einer Spenderniere lebt, merkte an, dass es in Österreich viel zu wenig niedergelassene Nephrologen gäbe, die Patienten daher in den Fachambulanzen betreut werden müssten. Er betonte auch die Wichtigkeit der Patientenverbände als unverzichtbarer Bestandteil der Versorgung.

Personalisierte Medizin

Auch wenn chronische Nierenerkrankungen auf den ersten Blick sehr homogen zu sein scheinen, gibt es sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe. "Bislang gab es nur unzureichende Möglichkeiten, die Patienten genau zu charakterisieren - und zwar in Bezug auf die Art der Nierenerkrankung, aber auch die Schwere der Begleiterkrankungen", sagt Gert Mayer, Leiter der Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertensiologie in Innsbruck.

Im Jahr 2010 hat die Europäische Union beschlossen, das Projekt SYSKID ("systems biology towards novel chronic kidney disease diagnosis and treatment") zu fördern. Mayer steht dem wissenschaftlichen Führungsgremium des Projektes vor, in dem 26 Partner zusammenarbeiten, um Biomarker zu identifizieren und in Folge den Weg zur personalisierte Medizin auch auf dem Gebiet der chronischen Nierenerkrankungen zu ebnen. (red, derStandard.at, 6.3.2013)