Mit Lego lassen sich einfach süße, kleine Wohnungen bauen. Die Realität sieht jedoch oft anders aus.

Foto: Lego

Ist nach Jahrzehnten wachsender Wohnflächen die Zeit für kleinere Einheiten gekommen? Architekt Jakob Dunkl lud beim Wohnsymposium die Zuhörer zu einem Gedankenexperiment ein: "Betten und Schränke können nicht kleiner werden. Aber wir haben noch Luft oben: Über 2,25 Meter ist jede Wohnung ungenutzt. Sollen Wohnungen in Zukunft nur noch 2,25 Meter Raumhöhe haben?" Natürlich nein, lautete Dunkls Antwort, das sei zynisch. "Aber bei den Quadratmetern will man es probieren? Auch das ist Zynismus."

Dazu komme, so Dunkl, ein grundsätzliches ökonomisches Problem: "Wenn wir kleiner bauen, dann steigen die Quadratmeterkosten, und dann produzieren wir nur Junk."

Verweildauer sinkt

Meinungsforscher Günther Ogris verwies auf seine über Jahre gesammelten Daten, um die Folgen kleinerer Wohnungen darzustellen. Derzeit seien 35 Prozent aller Wiener Wohnungen unter 60 Quadratmeter, 20 Prozent unter 50 und zehn Prozent gar unter 40 Quadratmeter - die kleineren vor allem unter den Gemeindewohnungen. Ogris: "Drei Viertel der Menschen in Wohnungen unter 40 Quadratmeter wollen nicht in der Wohnung bleiben, wobei nur ein Viertel tatsächlich sucht. Der Hauptgrund: Die Wohnung ist zu klein." Bei 40 bis 50 Quadratmetern sinkt der Anteil der Unzufriedenen auf 60 Prozent, bei über 60 Quadratmeter auf die Hälfte.

In Wohnungen bis 50 Quadratmeter sei die Verweildauer im Median vier Jahre, bis 60 Quadratmeter steige sie auf fünf Jahre und nehme weiter je zehn Quadratmeter um ein Jahr zu. Ogris' Schlussfolgerung: "Smart-Wohnungen zu bauen bedeutet Fluktuation zu bauen."

Früher ausziehen

Kleine Wohnungen würden auch die Bildungsniveaus senken, weil junge Menschen früher von zu Hause auszögen und dann Geld verdienen müssten, statt weiter in die Schule zu gehen. Und Senioren müssten rascher ins Altersheim, weil sie keinen Platz für 24-Stunden-Plege hätten.

Ziel müsse daher sein, mehr größere Wohnungen zu bauen, in denen die Menschen gerne wohnten - also 90 Prozent Wohnzufriedenheit und zehn Jahre Verweildauer. Dies sei bei einer Person ab 60 Quadratmeter, bei zwei ab 70 und bei vier ab 100 Quadratmetern zu erwarten. Der Anteil von Kleinwohnungen sollte laut Ogris nicht steigen, sondern fallen. Das spreche aber nicht gegen intelligente Smart-Wohnungen - im Gegenteil: Ein besserer Wohnbau würde auch helfen, das Problem der ungerechten Einkommensverteilung abzumildern. Ogris: "Wenn die Menschen mehr verdienen, dann könnten sie sich wieder ein oder zwei Zimmer mehr leisten. Das würde dem Wohnungsmarkt besser tun als kleinere Wohnungen."

Fokus auf soziales Umfeld

Auch Robert Korab, Geschäftsführer des Innovationsbüros Raum & Kommunikation, betonte: "Smart darf nicht klein bedeuten. Smart müssen nicht nur die Wohnungen sein, sondern vor allem das Wohnumfeld, das soziale Umfeld, das Stadtumfeld und die Stadtideologie."

Hier sei die gesamte Stadtplanung gefordert: Neue Wohnhäuser dürften nicht am Stadtrand ohne gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr errichtet werden, damit die Menschen auf den eigenen Pkw und die Bauträger auf Stellplätze verzichten können. Sie müssten auch sozial Schwächere ansprechen, damit es zu keiner Ghettobildung kommt. Und sowohl die Gebäude als auch die Wohnungsgrundrisse müssten möglichst flexibel sein, damit man später auf veränderte Bedürfnisse reagieren könne.

Insgesamt fordert Korab eine gute Durchmischung von größeren und kleineren Einheiten im geförderten Wohnbau, der seine Qualitäten behalten müsse. "Wir dürfen keine Monotonie und keine Megastrukturen produzieren."

Aufruf zur Verantwortung

Gefordert seien für Korab nicht nur die Politiker und Stadtplaner, sondern auch die Wohnbauträger selbst. "Sie müssen mehr soziale Verantwortung und mehr ökonomische Rationalität entwickeln. Smart hat auch viel mit der Stadt zu tun. Sie müssen Verantwortung für die Stadt übernehmen und nicht nur für ihre Häuser."

Wie lassen sich all diese hehren Ziele in Zeiten wirtschaftlicher Probleme und knapper Budgets erreichen? Architekt Dunkl, auch Sprecher der Plattform für Architektur und Baukultur, hofft auf ein grundsätzliches Umdenken in der Gesellschaft. Schönes Wohnen und gute Architektur müssten wieder einen höheren Stellenwert erlangen. Der Staat und der Einzelne sollten weniger fürs Auto und mehr für die Wohnung ausgeben. Dazu könnten auch die Medien beitragen, so Dunkl: "Statt mit Berichterstattung über Autos begeistern wir doch die Menschen und auch schon die Kinder für das Wohnen." (Eric Frey, DER STANDARD, 27.2.2013)