Aus irgendeinem Grund ist es in vielen Ländern Tradition, zum Jahreswechsel Schweinereste zu essen. Warum das so ist, kann mir vielleicht ein wissender Poster erklären, im Grunde ist es auch egal, eine sehr gute Idee ist es allemal. Während bei uns eher der Kopf der Sau in den Topf wandert, sind es in Teilen Italiens die Füße. Und weil ich mich dem Kopf bereits vergangenes Jahr gewidmet habe, wollte ich mich heuer, treu dem "von Kopf bis Fuß" Motto, eben Letzteren widmen.

Dabei hätte in etwa das heraus kommen sollen, was der Italiener Zampone nennt und gerne zu Silvester verspeist. Der Schweinsfuß wird entbeint und mit Schwein neu befüllt, gelingt es, sieht es ganz famos aus. (entstanden ist diese schöne Tradition, weil der Stadt Mirandola bei der Belagerung durch Papst Julius II "die Därme knapp wurden, um darin Fleisch zu garen", erzählt uns Wikipedia.

Nicht der erste erfolglose Versuch

Es scheint allerdings, dass die Mirandolaner geschickter sind als ich, eine andere Methode verwendet haben oder mir einfach der Erfolgsdruck durch eine Belagerung fehlt. Mein Schweinsfußfüllrezept hat mich aufgefordert, die Füße vor dem Entbeinen einige Stunden zu garen, und als ich ihn aus dem Topf gehoben habe, waren sie, nun ja, unbefüllbar (siehe Bild unten). Es war nicht mein erster erfolgloser Schweinsfußfüllversuch. Ich habe dann etwas gegoogelt, am Schweinsfußfüllen sind immerhin schon ganz andere gescheitert.

Auf jeden Fall hat mich genötigt, zu improvisieren. Herausgekommen ist eine Schweinsfußrolle, die zwar nicht ganz so hübsch und beeindruckend ist wie der gefüllte Fuß und noch dazu ihrem Vorjahrespendant, dem Kopf, recht ähnelt – geschmeckt hat sie trotzdem, und Silvester ist schließlich auch jedes Jahr relativ gleich. Wer weiß, wie man einen Schweinsfuß so kocht (oder roh entbeint), dass er nachher noch befüllbar ist: Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

Der eigentliche Schweinsfuß, also wirklich nur der Zehen-, Fersen- und Knöchelteil, stellt den Koch vor eine gewisse Herausforderung. Für Suppe und Sulz eine wertvolle Hilfe, ist er nur für sich genommen eher ungenießbar, weil fast völlig fleischlos. Er besteht zum allergrößten Teil aus Haut, Fett, gallertartiger Masse und Knochen, nur in der Gegend der Zehen (die Anatomen mögen mir die Ungenauigkeit verzeihen) sitzen ein paar versprengte Muskeln.

Wer ihn also genussvoll als Medaillon verzehren will, der lässt ihn sich mitsamt einem Teil der Stelze vom Schweinebein sägen. Je größer dieses Stelzen-Stück, desto besser das Endergebnis. So angegangen ist das Ganze auch keine improvisierte Notlösung, sondern eine schöne Alternative zum ewigen Stelzenbraten, dieser schon etwas in die Jahre gekommenen Unterbein-Verarbeitungsart. Den Fußmedaillons fehlt etwas die Vielfalt in der Konsistenz, die den Kopf auszeichnet, sie schmecken aber ähnlich kräftig-schweinisch.

Das Abfallprodukt der Technik – der Schweinsfußfond – ist ganz hervorragend und eignet sich zum Verfeinern diverser Wintergemüse, in diesem Fall grüner Puy-Linsen. Ist er einmal kalt, kann man auch hübsche Sulzwürfel aus ihm schneiden und diese über diverse Gerichte verteilen.

Schweinsmedaillon einmal anders (oder Stelze muss nicht immer gebraten werden)

Ein Fuß reicht in etwa für eine Person, wenn gut fünf Zentimeter Stelze dran gelassen wurden, wer mehr Fleisch nimmt, bekommt entsprechend mehr Leute satt. Auch die gesamte Stelze kann so verarbeitet werden.

Foto: Tobias Müller

Die Schweinsfüße gemeinsam mit dem üblichen Würzgemüse, frischem Thymian, Petersil, Pfefferkörnern, Lorbeer-Blättern und einer halbierten Knoblauchknolle in einem Topf packen, mit Wasser bedecken und zum Sieden bringen. Das ganze schließlich zugedeckt etwa zweieinhalb Stunden sieden lassen oder bei 150 Grad im Rohr backen.

Foto: Tobias Müller

Die Schweinefüße und Stelzen etwa eine halbe Stunde im Sud rasten lassen, herausnehmen und zerlegen, so lange sie warm und weich sind. (An dieser Stelle sollten sie theoretisch entbeint und anschließend befüllt werden. Wenn ihr Schweinsfuß das noch zulässt, legen Sie los!)

Foto: Tobias Müller

Das Fleisch vom Knochen lösen und in eine Schüssel geben. Die Haut abziehen und je nach Geschmack vom Fett befreien. Kleinschneiden und ebenfalls in die Schüssel geben.

Wie viel Haut sie nehmen, ist eine Frage der persönlichen Präferenz. Thomas Keller empfiehlt halb so viel Haut wie Fleisch. Auch beim Fett und Bindegewebe muss jeder selber wissen, wie viel er davon in seinem Medaillon haben will.

Die Masse mit Dijonsenf, Salz, Pfeffer und Schnittlauch oder kurz gebratenen Schalotten würzen. Sie können jetzt schon kosten, ob die Masse auch gut abgeschmeckt ist.

Foto: Tobias Müller

Noch ein, zwei Esslöffel vom Sud dazu, gut durchmischen und auf einer Alufolie (oder einer Frischhaltefolie im Geschirrtuch) zu einer Rolle rollen. Weil ich es für die Fußfüllung bereits gekauft hatte, habe ich noch Bries dazu gemengt, in Mehl gewendet und kurz gebraten. Ganz köstlich.

Die Alufolie (das Geschirrtuch) an den Enden zusammendrehen, sodass etwas Druck auf die Masse ausgeübt wird und...

Foto: Tobias Müller

... über Nacht erkalten und aussulzen lassen.

Foto: Tobias Müller

Am nächsten Abend den Ofen auf etwa 200 Grad vorheizen. Die Linsen mit halb Schweinsfußfond, halb Wasser bedecken (nur Schweinsfußfond macht sie sehr klebrig, weil er so viel Gelatine enthält) und nach Lust und Laune Würzgemüse dazu schmeißen. Etwa 40 bis 50 Minuten weich garen.

Foto: Tobias Müller

Währenddessen die kalte Rolle in Stücke schneiden, mit Dijonsenf bestreichen (wichtig!) und in Brösel wenden.

Foto: Tobias Müller

In einer heißen Pfanne geschwind auf beiden Seiten knusprig und braun braten und im Rohr zehn Minuten durchwärmen. Vorsicht: Sie sind nachher recht weich und könnten zerfallen, wenn sie zu lange im Rohr waren. Auf den Linsen servieren.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, derStandard.at, 26.12.2012)