Bild nicht mehr verfügbar.

Das Arbeitslosengeld vieler junger Menschen in Griechenland reicht nicht für Miete und Essen. Modischen Chic gibt es nur beim Window-Shopping.

Foto: AP/Lefteris Pitarakis

Die Arbeitslosigkeit in Griechenland bleibt auf Rekordkurs: 25,4 Prozent. Weit mehr als die Hälfte der Jungen ist ohne Job. Zynismus und Verzweiflung regieren. Lokaltermin in einem Arbeitsamt im Zentrum von Athen.

Athen - Am Eingang gibt es zwei Aushänge. Eine Sicherheitsfirma sucht Männer, denn zumindest der Wachschutz hat Konjunktur in Athen. Und ein Studio bietet Entspannungstanz an. Arbeitslose erhalten Rabatt, steht auf dem Werbezettel. Viel können sie hier nicht ausrichten, meint Danai, eine junge Griechin mit einer Wartenummer. Das Arbeitsamt in der Nähe vom Omonia-Platz im Zentrum tut kaum mehr, als die Misere zu verwalten: Arbeitslose registrieren, katalogisieren, nach einem Jahr wieder aussortieren.

Arbeitslosenrate schlägt alle Rekorde

Die Arbeitslosenrate kennt in Griechenland nur eine Richtung: nach oben. 25,4 Prozent oder 1,27 Millionen lautet der jüngst veröffentlichte Stand. Und der stammt vom August, wenn Hotels und Restaurants viele Saisonarbeiter einstellen. Doch im fünften Jahr der Rezession und knapp am Staatsbankrott schlägt das Krisenland alle Rekorde. Die Arbeitslosigkeit ist doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt und gravierend unter den Jungen: Mittlerweile sind 58 Prozent der Arbeitsuchenden zwischen 15 und 24 Jahre alt.

Danai ist mit dabei - und eigentlich doch nicht. Die 26-Jährige meldet sich für einen Fortbildungskurs in Informatik an. 100 Stunden werden es sein, verteilt auf mehrere Monate. Für diese Zeit wird sie in der Statistik nicht als Arbeitslose geführt und erhält einen Zuschuss vom Staat - 200 Euro im Monat, 20 Prozent Abzüge kommen noch weg. Es würde nicht einmal für das Essen reichen. Danai lebt wieder bei der Mutter. " Ich wusste, es würde hart werden", sagt sie. Ein Geschichts- und Philosophiestudium in Athen und London ist nicht gerade eine Steilvorlage für eine Karriere - schon gar nicht in Griechenland. Ihre Ansprüche sind niedrig, irgendein Bürojob oder eine soziale Tätigkeit könne es sein, sagt sie.

Augen zu und durch

Die Stimmung im Wartesaal des Arbeitsamts ist ungut, eine Mischung aus Stille und Gereiztheit, die plötzlich ausbricht. Manolis Salethourakis schützt sich mit Zynismus. "Ich bin glücklich, wieder hier zu sein", sagt er. 1991 war er schon einmal arbeitslos. Jetzt ist er wieder hier. Der 46-Jährige arbeitete als Programmierer bei einem großen Düngemittelhersteller, bis der Stellenabbau begann. "245 sind freiwillig gegangen. Ich bin geblieben und dann auch gekündigt worden", erzählt er. Drei Monatsgehälter Abfertigung hat er erhalten. "Eine tolle Summe. Die konnte ich gut anlegen." Das Arbeitsamt wird ihm 360 Euro im Monat überweisen. Ein Jahr lang, dann ist Schluss. Doch die Kreditrate für seine Wohnung beträgt schon 520 Euro. "Ich nehme alles", sagt Salethourakis, "der Verdienst ist mir egal."

Augen zu und durch ist nun die verzweifelte Devise der Regierung. Begleitet von neuen Straßenprotesten stand Sonntagnacht die Abstimmung über das Sparbudget 2013 an: 5,2 Prozent Defizit, 4,5 Prozent Rezession, Schuldenstand 189,1 Prozent des BIPs. (Markus Bernath, DER STANDARD, 12.11.2012)