Nuss macht erfinderisch: Figaro beißt sich einen Splint aus dem Balken oder bricht sich einen verzweigten Ast zurecht, ...

Foto: Alice Auersperg

... um damit nach dem begehrten Futter zu angeln.

Foto: Alice Auersperg

Der Gebrauch von Werkzeug galt lange als eine exklusiv menschliche Errungenschaft. Die Primatologin Jane Goodall war dann eine der ersten Forscherinnen, die solche Fähigkeiten bei Schimpansen dokumentierte. Die Liste der tierischen Techniker ist seitdem überschaubar geblieben: Neben den Menschenaffen sind auch noch Krähen, Elefanten und einige Nagetierarten beim Werkzeuggebrauch beobachtet worden.

Ein internationales Forscherteam unter Wiener Federführung reklamiert nun einen neuen Bastler auf die Liste: den Kakadu Figaro. Er wurde dabei beobachtet, wie er sich Holzstückchen zurecht beißt, um damit nach Futter oder Spielzeug jenseits seiner Schnabelreichweite heranzuholen, berichten Kognitionsbiologen um Alice Auersperg und Birgit Szabo im Fachblatt "Current Biology".

Figaro ist ein Goffini-Kakadu, eine Art, die nur auf den indonesischen Tanimbar-Inseln anzutreffen ist. Goffinis gelten als überaus verspielt und neugierig, besitzen auch ein relativ großes Gehirn - und können technische Probleme lösen, wie die beiden Forscherinnen vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien gemeinsam mit Forschern der Universität Oxford dokumentierten.

Werkzeuge aus Holzsplittern und Ästen

"Wir konnten filmen, wie der Kakadu 'Figaro' seinen kräftigen Schnabel geschickt einsetzte, um längliche Splitter aus einem Holzbalken zu beißen oder aus einem verzweigten Ast Stöckchen zurecht zu brechen, um damit eine Nuss zu holen, die außerhalb seiner Reichweite lag", sagt Alice Auersperg, Erstautorin der Studie.

Video: Der Kakadu Figaro baut sich sein Werkzeug selbst, um an Futter oder Spielzeug zu gelangen (Quelle: Universität Wien)

Zum einen war überraschend, dass Figaro überhaupt ein Werkzeug gebrauchte, und zum anderen, dass er sich selbst eines baute. Die wichtigste Beobachtung war, dass der Kakadu, nachdem er sein erstes Werkzeug gebaut hatte, in späteren Versuchen ohne zu zögern wusste, was zu tun war. "Figaro baute sich für jede neu platzierte Nuss ein weiteres Werkzeug und war jedes Mal erfolgreich", berichtet Auersperg stolz über ihren Schützling.

Ausnahmevogel Figaro

Es ist aber anzunehmen dass sie keine habituellen Werkzeug-Gebraucher in der Wildbahn sind. "Figaro ist bisher der einzige seiner Art, bei dem wir dieses Verhalten beobachten konnten", so Birgit Szabo. Das zeigt, dass die Herstellung von Werkzeug auch aus unspezialisierter Intelligenz hervorgehen kann.

Unübertroffen allerdings bliebt bislang die neukaledonische Krähe Betty, über die Alex Kacelnik (Uni Oxford) arbeitete, einer der Ko-Autoren der neuen Studie über Figaro: Betty bog aus Draht einen Haken, um damit Futter aus einem Rohr zu angeln. (tasch, DER STANDARD, 7.11.2012)