Der 1826 entdeckte Kugelsternhaufen NGC 6362 auf einer aktuellen Aufnahme der Europäischen Südsternwarte.

Foto: ESO

Heidelberg - Mit etwa 150 Stück ist die Milchstraße nicht allzu üppig ausgestattet, was Kugelsternhaufen anbelangt. Größere Galaxien haben in ihren Halos sogar tausende davon, unsere Nachbargalaxie Andromeda immerhin etwa 500. Allen Kugelsternhaufen gemeinsam ist, dass es sich um ebenso dichtgepackte wie alte Gebilde handelt: Mit einem Durchschnittsalter von etwa zehn Milliarden Jahren gehören zu den ältesten Objekten im Universum.

Da sich alle Sterne eines solchen Haufens zu etwa derselben Zeit aus derselben Molekülwolke gebildet haben, müssten sie entsprechend alt aussehen. Die meisten tun das auch - wie die vielen gelblich erscheinenden Sterne auf diesem neuen Bild des etwa 25.000 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufens NGC 6362, das mit dem Wide Field Imager am ESO/MPG 2,2-Meter-Teleskop  in Chile aufgenommen wurde.

Die Blauen Nachzügler

Doch nicht alle sehen wie stellare Greise aus: Etwa jeder hundertste Stern in einem solchen Haufen strahlt hell, heiß und blau - eigentlich eine Unmöglichkeit: Derart leuchtkräftige und massereiche Sterne müssten schon längst erloschen sein, wenn sie zusammen mit den anderen Sternen des Haufens entstanden sind. In der Astronomie heißen diese in den Kernzonen und dem äußeren Rand von Kugelsternhaufen konzentrierten Sterne "Blaue Nachzügler" bzw. "Blue Stragglers". Wie sie sich entwickeln, ist noch nicht eindeutig geklärt - Einigkeit herrscht aber darüber, dass sie mit einer anderen Masse als der, die sie heute haben, begonnen haben müssen.

Irgendwann im Laufe ihres Lebens müssen diese Sterne eine "Massetransfusion" erhalten haben: Entweder ist ein Stern mit einem anderen kollidiert oder gar verschmolzen. Oder der masseärmere Stern eines Doppelsystems hat von seinem größeren Begleiter Materie abgezogen, was schließlich zu einem Rollentausch geführt hat: Der einstmals kleinere Stern hat sich als Blauer Nachzügler zum massereicheren des Paars gemausert. (red, derStandard.at, 3. 11. 2012)