Ein Verband mehrerer Motorradclubs, Unternehmen und Vereine geht den bürokratischen Weg: Per Petition an das Hohe Haus wollen sie die flächendeckende Mitbenützung von Busspuren für Kraftradlenker erwirken.

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Wien - Anfang Oktober erreichte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eine "Petition zu Mitbenützung der Busspur durch einspurige Kraftfahrzeuge". In dem von BZÖ-Mandatar Wolfgang Spadiut übermittelten Antrag fordert der Wiener Motorradclub Los Azules die bundesweite Freigabe der Sonderfahrspuren für Motorräder.

Zweiradlenker dürfen sich schon jetzt zwischen den Autokolonnen durchschlängeln, sobald der Verkehr an einer Kreuzung zum Halten kommt. Könnten sie stattdessen die oft freien Busspuren benützen, argumentieren die Biker, wäre es weniger gefährlich für alle Beteiligten.

Anders als Auto- und Radfahrern falle es Motorradlenkern zudem leicht, die Busspur vor einer Ampel rasch zu räumen, um den öffentlichen Verkehr nicht zu behindern. Der Gesetzgeber solle folglich die Straßenverkehrsordnung (StVO) novellieren und damit die "seit langem anstehende Änderung der Rechtslage umsetzen".

Ausnahmen für Motorräder schon jetzt 

Einige Ausnahmen für die Benützung von Busspuren sind schon jetzt in der StVO geregelt. Neben den Linienbussen dürfen sie auch Taxis, Krankentransportwagen, Straßendienstfahrzeuge und die Müllabfuhr generell befahren. Zusatztafeln können weitere Ausnahmen anzeigen - in einigen Fällen tun sie das bereits heute für Motorräder.

So gibt es derzeit in Wien zehn Abschnitte, auf denen einspurige Kfz die "Fahrstreifen für Omnibusse" rechtmäßig befahren dürfen. Abhängig ist die Freigabe von der jeweiligen Verkehrssituation und der Lärmverträglichkeit der Nachbarschaft. Die meisten Ausnahmen gibt es deshalb in den Außenbezirken; die Busspuren in der Burg- und in der Neustiftgasse in Wien-Neubau etwa wurden geprüft, genau aus diesem Grund aber nicht freigegeben.

Verkehrsexperte wenig optimistisch

Eine bundesweite Öffnung aller Busfahrstreifen hält ARBÖ-Experte Gerald Kumnig deshalb für unwahrscheinlich. Zwar kann er das Argument der höheren Sicherheit gegenüber dem Vorbeischlängeln nachvollziehen. Allerdings seien die Busspuren "nicht aus Jux und Tollerei eingeführt worden, sondern zur Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs", sagt Kumnig. Anstelle einer völligen Freigabe wäre es praktikabler, die "österreichische Lösung" zu erhalten und im Anlassfall zu prüfen.

Auch Wolfgang Spadiut, selbst Motorradfahrer, ist vom Erfolg seiner Petition nicht gänzlich überzeugt: "Ein von der Opposition eingebrachter Antrag findet nicht immer Zustimmung. Sinnvoll wäre es schon, wenn die anderen Parteien mitziehen." Eine Stellungnahme des Verkehrsministeriums soll den Antrag jedenfalls stützen, so Spadiut gegenüber derStandard.at.

Beliebtes Privileg

Das Privileg der Busspurnutzung wurde in der Vergangenheit mehrfach gefordert. Während die Taxiunternehmen früh erfolgreich lobbyierten, wurde der Wirtschaftsbund mit derselben Forderung für Kleintransporteure bisher nicht berücksichtigt. 2009 sorgte die damalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner für Aufregung, als sie eine Sondergenehmigung für ihren Dienstwagen beantragte.

Die in Wien genehmigten Ausnahmen für Motorräder wurden ab 2005 auf politischen Druck der SPÖ-Organisation "Red Biker" umgesetzt. Im heurigen Mai drängte der Obmann der FPÖ Oberösterreich, Günter Steinkellner, auf eine Öffnung der Busspuren für Motorräder "im Sinne der Verkehrssicherheit".

Rückendeckung von Hells Angels und Outsiders

Über das aktuelle Ansuchen von Los Azules wurde noch nicht beraten. Das im Juni von Clubpräsident Alfred "Fredl" Köck und Miro "Quicki" Wagner unterfertigte Schriftstück soll Ende November im parlamentarischen Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen behandelt werden.

Auf der Liste der Mitpetenten stehen neben weiteren Motorradclubs wie Hells Angels Vienna, Outsider MC und Club F.u.T. auch Unternehmen wie 2Rad-Börse Süd und die Benefiz-Initiative "Toy Run - Biker für Kinder". Bisher haben rund 1.200 Personen eine Zustimmungserklärung abgegeben. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 22.10.2012)