Antoine (Kevin Parent) führt mit seiner Frau und zwei Töchtern ein glückliches Leben. Als Teenager hat er seine Leidenschaft für Musik entdeckt. Später hat er darauf eine Existenz gegründet. Heute jettet er als DJ um die Welt. Die lichtdurchfluteten, träumerisch fließenden Aufnahmen, mit denen der Film beginnt, legen jedoch eine falsche Fährte: Auch zu diesem scheinbaren Idyll gehören Konflikte, Verletzungen, Trennungen – eine Geschichte.

Der Kanadier Jean-Marc Vallée knüpft nach dem Historienfilm The Young Victoria nun wieder mehr an dessen Vorgänger, die Familienstudie C.R.A.Z.Y. von 2005, an: Café de Flore handelt von Beziehungen zwischen Männern und Frauen, Eltern und Kindern. Zeit verläuft dabei nicht nur linear. Vergangenes unterbricht unvermittelt die gegenwärtige Erzählung. Neben der Geschichte von Antoine wird außerdem die Geschichte von Jacqueline (Vanessa Paradis) erzählt, die ihren mit dem Down-Syndrom geborenen Sohn Laurent im Paris der 1960er-Jahre alleine großzieht und innig liebt.

Lange scheinen diese beiden Stränge parallel zu laufen, nur durch das titelgebende Musikstück lose verbunden. In die Geschichte von Antoine, die auch die Geschichte von Carole und Rose ist, wird man zunehmend hineingezogen. Das sich in Paris anbahnende Drama bleibt im Vergleich damit eher vordergründig und funktional. Der Zusammenhang, den der Film dann über Kontinente und Jahrzehnte hinweg zwischen den Figuren stiftet, ist reine Konstruktion. Diese basiert auf jener Küchenmetaphysik, nach der die unbändige Kraft der Liebe indivi duelle Lebenszeit und Raum überwindet und vor allem in Frauen maßlose – aber am Ende doch einsichtige – Agentinnen findet.

Außerdem neu: die belgische Tragikomödie Hasta la Vista (Regie: Geoffrey Enthoven), die drei junge Männer mit besonderen Bedürfnissen nach Spanien begleitet, und Christopher Nolans Batman-Finale The Dark Knight Rises. (irr, DER STANDARD, 26.7.2012)