Neurotisch: Gaspard Proust in "Das verflixte 3. Jahr".

Foto: Polyfilm

Wien - Am Anfang erfolgt der harte Bruch. Mit einigem Getöse trennt sich der untreue Marc (Gaspard Proust) von seiner untreuen Frau (Elisa Sednaoui). "Sie dürfen sich jetzt hassen", erklärt der Scheidungsrichter, doch der wieder alleinstehende Szene-Reporter reagiert zuallererst mit einer ausgewachsenen Depression auf seine neue Lebenssituation. Nach einem eher tolpatschigen Selbstmordversuch setzt bei Marc dann doch verspätet die Reflexion ein: Warum seine Erfahrungen nicht zu Literatur verarbeiten? Als Abrechnung mit dem romantischen Konzept der Liebe.

L'amour dure trois ans - die Liebe dauert drei Jahre -, so lautet der Originaltitel dieses Buches, das der französische Autor Frédéric Beigbeder tatsächlich geschrieben hat. Dessen ernüchternd-provokante These, dass die glückliche Zweisamkeit eher endet, als man gemeinhin denkt, erweist sich in Das verflixte 3. Jahr, seinem nunmehrigen Debüt als Filmregisseur, als überraschend erfolgreich. Marcs Roman, der nach einigen Absagen von einer Verlegerin widerwillig angenommen wird - sie wittert das Geschäft -, trifft den Nerv jenes Teils der Gesellschaft, der nicht mehr an die Liebe glaubt.

Beigbeder, der ehemalige Werbeprofi, der seine Erfahrungen mit dieser Branche in dem Roman 39,90 festgehalten hat, geht es in seiner Beziehungskomödie jedoch weniger desillusioniert an, als es zunächst den Anschein hat. Die Stationen, die sein semiautobiografisch angelegter Held zu durchlaufen hat, mögen zwar nicht ganz dem Muster der Romantic Comedy folgen, gänzlich davon verschieden sind sie dennoch nicht. Mit Freude an klischeehaften Zuspitzungen und an manch direkter Darstellung von Marcs Defekten wechselt der Film die Register, um den vermeintlich Abgebrühten schließlich mit einer Frau zu konfrontieren, die er nur anfangs für "unerträglich lebendig" hält.

Mit der unberechenbaren Alice (Louise Bourgoin) beginnt in Wahrheit die Läuterung des Helden. Die Versatzstücke dieser Paarwerdung, die durch ein unausgesprochenes Geheimnis - Marcs Identität als Bestsellerautor - bedroht ist, sind oft erprobt. Dennoch gelingt es in Das verflixte 3. Jahr stellenweise ganz gut, ihnen einen neuen Drall zu verleihen, etwa indem eine selbstreflexive Ratgeber-Perspektive eingenommen wird, welche die Spielebenen des Films immer wieder aufbricht.

Auf Dauer wirkt die Ironie des Films allerdings eher störend. Man gewinnt den Eindruck, Beigbeder würde sich gern eindeutiger zu romantischen Gefühlen bekennen - Marc schwärmt für schwelgerische Chansons von Michel Legrand! -, gestatte sich dies aber nicht so recht. Insofern legt der Film Zeugnis von einer Gespaltenheit im Umgang mit der Liebe ab, die man nachgerade neurotisch nennen muss.   (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 19.7.2012)