Wo heute noch Gras das Landschaftsbild dominiert könnte in einigen Jahrzehnte bereits Wälder stehen. Durch höhere CO2 Konzentrationen sind Savannenbäume gegenüber Gräsern im Vorteil.

Foto: Steven Higgins

Wo heute auf dem afrikanischen Kontinent Savanne dominieren, könnten schon bis zum Ende des Jahrhunderts Wälder stehen: Die Ergebnisse einer aktuellen Studie deuten darauf hin, dass die Düngung durch den steigenden Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre in ganz Afrika zu einer dichteren Bewaldung führt, wenn ein bestimmter CO2-Wert überschritten wird. Da sich diese Schwelle jedoch von Gegend zu Gegend unterscheidet, verläuft der Wandel auf regionaler Ebene nicht synchron. Hierdurch sinkt das Risiko einer Erschütterung des Erdsystems durch einen abrupten Vegetationswandel.

In der Savanne ringen Gräser und Gehölze permanent um Dominanz. Deshalb hat dieser Landschaftstyp regional ein recht unterschiedliches Gesicht: tropische Graslandschaften gehören ebenso dazu wie offene Grasebenen mit vereinzeltem Gehölzbestand oder unterschiedlich dichte Wälder. Gräser und Bäume reagieren verschieden auf Schwankungen von Temperatur, CO2-Gehalt in der Atmosphäre oder Auftreten von Feuern. Deshalb wird davon ausgegangen, dass diese Ökosysteme sehr sensibel auf Veränderungen von Klima und Atmosphäre reagieren. In der Vergangenheit vollzogen sich Verschiebungen im "Machtverhältnis" der Savannenpflanzen langsam; der schnelle Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat die potentielle Geschwindigkeit solcher Veränderungen inzwischen beschleunigt.

Experimentelle Studien ergaben zwar geringe Effekte von erhöhtem CO2-Gehalt in der Atmosphäre auf das Wachstum von Bäumen. "Die Studien wurden aber meistens auf der Nordhalbkugel und an kommerziell wichtigen Arten durchgeführt", stellt Studienleiter Steven Higgins vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum und Professor an der Frankfurter Goethe-Universität. "Bisher hat nur eine einzige Studie den Einfluss von erhöhten CO2-Konzentrationen auf Savannenbäume untersucht, mit dem Ergebnis, dass der vorindustrielle CO2-Gehalt deutlich unter dem Optimum dieser Baumarten liegt. Mit dem aktuellen Anstieg geht das Wachstum der Savannenbäume daher erst richtig los."

Kleine Veränderungen mit weitreichenden Folgen

Der hieraus resultierende Vegetationswandel, den Higgins und Simon Scheiter in ihrer Studie modellieren, ist ein Beispiel dafür, was Theoretiker einen "regime shift" nennen. Solche Umbrüche können durch kleine Veränderungen an den Stellschrauben des Gesamtsystems auslöst werden. Damit wird eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, die einander verstärken, so dass sich das ganze System zunehmend schneller verändert. Die Studie ergab, dass Savannen bereits Anzeichen eines solchen Umbruchs zeigen. "Die Möglichkeit eines "regime shifts" in einem so weit verbreiteten Ökosystem wie der Savanne rückt diese nun in den Fokus der Wissenschaftler", kommentiert Higgins.

Voraussichtlich wird dieser Umbruch in Gegenden, in denen die Temperatur klimawandelbedingt schneller ansteigt (z.B. im Zentrum Südafrikas), später stattfinden, da der steile Temperaturstieg Gräser begünstigt. Diese können dann trotz steigender Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre länger erfolgreich mit Bäumen konkurrieren. Trotz möglicher Vegetationsveränderungen auf lokaler Ebene, wird der Vegetationswandel über die Gesamtregion betrachtet allmählich stattfinden. Solche graduellen Veränderungen in regionalen Vegetationsmustern verringern das Risiko einer Erschütterung des Erdsystems, den der Wandel innehat. "Das mag zunächst beruhigend klingen, aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass die Veränderung aus erdgeschichtlicher Sicht gesehen immer noch enorm schnell abläuft", so Higgins.

Weiterer Stressfaktor für bedrohtes Ökosystem

Aus der Studie lassen sich auch praktische Erkenntnisse für Klima- und Naturschutz ziehen. So identifizieren die Autoren eine breite Zone im nördlichen Zentralafrika, in der sich bei gleichzeitiger Feuerunterdrückung mehr Savannen zu Wäldern entwickeln. "Wenn man also für den Klimaschutz Projekte zur CO2-Speicherung plant, so sollte man das dort tun. Der Haken daran ist, dass sich diese optimalen Zonen noch verschieben werden, wenn sich der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre weiter ändert", erklärt Higgins. Sollten Graslandschaften und offene Savannen durch Baumsavannen oder Wälder ersetzt werden, geht zudem eine einzigartige Flora und Fauna verloren, die in diesem Lebensraum heimisch ist. Der Anstieg des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre ist daher ein weiterer Stressfaktor für das bereits durch Überweidung, Plantagenwirtschaft und Ackerbau stark beanspruchte Ökosystem. (red, derstandard.at, 30.6.2012)