Die "Xbox 720" soll die einzige Box sein, die man im Wohnzimmer braucht.

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Virtual Reality wird ein teurer Spaß bleiben.

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Tablet-Gaming wird nicht nur die Wii U bieten.

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"Watch Dogs" deutet an, wie Spiele der nächsten Xbox und PlayStation aussehen könnten.

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Wenngleich auf der vergangenen Branchenmesse E3 keine neuen Spielkonsolen angekündigt wurden, war die "nächste Generation" allgegenwärtiges Gesprächsthema. Unter Journalisten und Analysten wurde über mögliche Erscheinungszeiträume für die nächste Xbox und die nächste PlayStation diskutiert und die Studios zeigten mit moderner Entwicklungssoftware und ersten Projekten, was heute bereits technisch möglich ist. Doch während die Euphorie über die Spielzukunft nach sieben Jahren Xbox 360 und sechs Jahren PS3 deutlich spürbar ist, stellt sich die Frage nach dem nächsten großen Ding.

Die Wii machte Motion-Gaming populär, Xbox 360 und PlayStation 3 brachten die Online-Möglichkeiten in die Konsolenwelt und sorgten für eine Fülle an Millionen schweren Franchises. 2013/2014 steht nun der Generationswechsel an und die Meinungen darüber, was er bringen wird, sind vielseitig.

Mehr Leistung

Wovon man ausgehen kann ist, dass die Games für die neuen Plattformen von Sony und Microsoft fabelhaft aussehen werden. Um die Entwicklungsbudgets beim Hardwarebau jedoch nicht zu sprengen und einen ähnlich schwierigen Start wie bei der damals sündteuren PS3 zu riskieren, dürfte der Leistungssprung jedoch nicht so hoch ausfallen wie seiner Zeit bei PS2 auf PS3. Entwicklerguru John Carmack, Gründer von id Software, schätzt, dass den Next-Gen-Games das Potenzial heutiger High-end-PCs zur Verfügung stehen wird.  "Sony und Microsoft werden einander mit Gigaflops und Teraflops übertrumpfen. Man wird in der Lage sein, sich auf DirectX 11(-Features) zu konzentrieren. Und alles machen können, was wir heute schon können - nur voll aufgedreht", so Carmack. Um das auf Zahlen niederzubrechen: Laut einem internen Microsoft-Dokument über die Zielsetzungen für die "Xbox 720" soll die neue Konsole etwa sechs Mal so flott sein, wie die Xbox 360. Im Februar erläuterte Epic Games-Chef Tim Sweeney, dass es für Fotorealismus noch nicht reichen werde. Dafür benötige man rund 2.000 Mal stärkere Grafikprozessoren, als sie heute zur Verfügung stehen. Aber immerhin: Für ähnlich schöne Bilder, wie man sie derzeit von Animationsfilmen kennt, sollte gesorgt sein - bei einer nativen Auflösung von 1080p und 30 bis 60 Bilder pro Sekunde.

Die stärkeren Prozessoren erlauben neben schöneren Bildern aber auch spielentscheidende Innovationen wie aufwändigere Physik-Effekte und eine schlauere künstliche Intelligenz. Sofern also nicht die gesamte Leistung aufs Äußere fokussiert wird, stehen so vielleicht realistischere, forderndere Inhalte ins Haus.

Ohne die finalen Spezifikationen zu kennen, zeigten auf der E3 die Studios Ubisoft und LucasArts, welchen Grafikstandard man sich vermutlich erwarten könne. Besonders beeindruckend setzten sich "Star Wars 1313" und "Watch Dogs" in Szene.

(Video: "Die nächste Generation der Videospiele")

Teurer und billiger

Stellt sich die nächste Frage: Wer soll den Technologiesprung bezahlen? Der Mehraufwand, der durch den Sprung von SD-Grafik auf hochauflösende Grafiken entstanden ist, wurde zum Start der Xbox 360 und PlayStation 3 zum Teil durch höhere Spielepreise abgefangen. Bis zu 70 Euro müssen Konsumenten heute für ein neues Game hinlegen. Doch eine weitere Preissteigerung ist nicht zwingend nötig, meint zumindest Ubisoft-Chef Yves Guillemot. Demnach sei zumindest zum Start der neuen Generation keine große Bewegung zu erwarten. Anfangs könne man ziemlich günstig von der höheren Leistung der Hardware profitieren, ohne massiv in die Entwicklung investieren zu müssen. Teuer werde es erst gegen Ende eines Zyklus, wenn die Hersteller gezielt auf die Vorzüge der Plattformen eingehen, Innovationen vorantreiben und den Aufwand erhöhen, um sich vom Mitbewerb abzuheben. "Was wir sehen ist, dass Studios erst am Ende eines Zyklus immer aufwändigere Games entwickeln, um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden", sagt Guillemot.

Abhilfe bei den Entwicklungskosten versprechen indes Hersteller moderner Game-Eingines. Anbieter Epic Games oder Crytek wollen mit den neuesten Versionen ihrer "Unreal Engine 4" und "CryEngine 3" nicht nur beeindruckendere Effekte ermöglichen, sondern auch Prozesse vereinfachen. Designänderungen sollen ohne großem Programmieraufwand verbunden sein, sagt Epics Sr. Technical Artist Alan Willard. Dies beschleunige den Entwicklungsprozess, weil Designer etwa ohne Anforderung eines Coders Effekte anpassen könnten.

Auf der anderen Seite erweisen sich die Spielhersteller als äußerst kreativ, wenn es um die Erschließung neuer Einkommensquellen geht. Anstelle einer Steigerung des Anschaffungspreises solle dies durch die Integration von Online-Features geschehen. Eine Möglichkeit ist etwa der Verkauf von Zusatzinhalten oder Mikrotransaktionen für weitere Spielgegenstände. "Mit der Inkludierung von Social-Gaming werden Leute mehr als nur für die Anschaffung eines Titels Geld ausgeben. Sie werden dazu in der Lage sein, auch im Spiel noch Gegenstände zu kaufen.", sagt Yves Guillemot. Peter Moore, COO von Electronic Arts, rechnet damit, dass Free2Play-Modellen die Zukunft gehört. "Ultimativ, denke ich, werden Mikrotransaktionen Teil jeden Spiels sein, aber der Zugang zum Spiel selbst wird kostenlos sein.", sagt Moore. "Ich denke, diese Entwicklung ist innerhalb der nächsten fünf oder zehn Jahre unausweichlich."

Tablet-Gaming, Mobile-Gaming, Überall-Gaming

Ein weiterer Schritt, um die Kunden am Ball zu halten, ist die Vernetzung von mobilen Plattformen und Web-Diensten mit den Konsolen. Während Nintendos Wii U ein Tablet als Controller etablieren wird, sinnen Microsoft und Sony nach der Erweiterung der Spielplattform. Auf der E3 zeigte Microsoft, wie man mit "SmartGlass" künftig das Zusammenspiel zwischen Xbox 360 (und kommenden Spielkonsolen) und Tablets und Smartphones ermöglicht. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Beispielsweise lassen sich so Filme und Musik von der Xbox auf ein mobiles Endgerät streamen oder die mobilen Geräte zur Steuerung und zur Navigation durch das Xbox-Menü nutzen. Spielentwickler können die Schnittstelle dazu verwenden, um nützliche Zusatzinformationen auf dem Tablet anzuzeigen oder das Smartphone zur Steuerung von Games einzusetzen. Auch ist angedacht, Games mobil fortsetzen oder zumindest in vereinfachter Form von der Konsole auf dem Handheld "mitnehmen" zu können. Ein ähnliches Konzept verfolgt Sony mit der Interaktion zwischen PS3 und PS Vita. Spiele, die für beide Systeme erscheinen, können parallel auf beiden Plattformen gezockt werden und die Spielfortschritte übertragen. Das PlayStion-Erlebnis in die Breite tragen soll hingen PlayStation Mobile. Unter der Marke werden alte und neue PlayStation-Spiele nach Sonys Entwicklungstandards auf Smartphones und Tablets mit Android-Betriebssystem vorangetrieben.  

Da die meisten dieser Konzepte relativ spät im aktuellen Konsolenzyklus eingeführt werden, ist davon auszugehen, dass erst Xbox 720 und PS4 das volle Potenzial der Interoperabilität ausschöpfen werden. Sollte Microsoft Windows zum Kern seiner nächsten Plattform machen, hätte man den Vorteil, PC, Smartphone, Tablet und Xbox in ein gemeinsames Ökosystem betten zu können.

Cloud-Gaming

Mit Xbox 720 und PS4 wird man jedes verfügbare Spiel als Download erwerben können. Daran geht kein Weg vorbei, selbst wenn Blu-rays (auch bei Xbox) nicht verschwinden werden. Dies beweist die Popularität von PC-Portalen wie Steam genauso wie Sonys und Nintendos Entscheidung, dieses Vertriebsmodell fest in PS Vita und Wii U zu verankern.

Gespannt darf man darauf sein, ob Microsoft oder Sony einen Gang höher schalten und so genanntes Cloud-Gaming auf ihren Konsolen einführen. Obgleich wirklich schnelles Breitband-Internet 2012 nur einer relativ eingeschränkten Spielerschaft zur Verfügung steht, könnten Dienste wie OnLive oder Gaikai ein weiteres attraktives Vertriebsmodell für die Plattformbetreiber darstellen. Zum einen kann man dadurch benötigte Hardware-Ressourcen auf Server auslagern, weil die Konsole nur zum Streamen der Inhalte benötigt wird. Und zum anderen erlaubt das Games-Streaming die Bespielung beliebiger Endgeräte. Im Vorfeld der E3 munkelten Insider bereits, Sony könnte vor der Übernahme von OnLive oder Gaikai sein. Bestätigt wurden die Gerüchte jedoch nicht.

Voll in Bewegung

Die Wii hat Motion-Gaming wirklich populär gemacht. So populär, dass Sony und Microsoft mit eigenen Angeboten nachziehen mussten. Und Motion-Gaming ist gekommen, um auch in der nächsten Generation zu bleiben. Ob "Kinect 2" und "PlayStation Move 2" ein fester Bestandteil der neuen Konsolen sein werden, ist jedoch ungewiss. Schließlich würden die relativ aufwändigen Systeme den Preis weiter in die Höhe schrauben. Zumindest dann, wenn man sich ein entsprechendes Update der Funktionen erwartet.

Es ist anzunehmen, dass Microsoft die Auflösung des Kinect-Sensors soweit erhöht, dass feine Gesten mit Fingern präzise erfasst werden und einen dedizierter Prozessor verbaut, um die Navigation durch Menüs und die Steuerung von Games verzögerungsfrei zu gestalten. Ein ähnliches Upgrade dürfte Sony mit Move im Sinn haben, wobei beide Konzerne vor der eigentlichen Herausforderung stehen, Studios zur Entwicklung passender Inhalte zu bewegen. Dies könnte sich wie schon bei den aktuellen Plattformen als schwierig erweisen, wenn Motion-Controller nicht Teil des Basisangebots sind. Das gleiche gilt für Sprachsteuerung.

Multimedia

Sieben Jahre hat es gedauert, bis Microsoft zur diesjährigen E3 endlich einen Webbrowser für die Xbox 360 vorstellte. Und um ehrlich zu sein: Der Webbrowser der PS3 funktioniert nach wie vor nicht einwandfrei. Solche multimedialen Patzer wird man sich nicht mehr erlauben können. Mit konkurrierenden Angeboten wie Apple TV, Boxee Box und multifunktionalen Fernsehern werden Xbox 720 und PS4 große Geschütze auffahren, um sich das Wohnzimmer nicht mit anderen Gerätschaften teilen zu müssen.

Der Nutzungstrend bei Konsolen geht ebenfalls klar in Richtung Video und Musik. Ende März bestätigte Microsoft, dass in den USA die Xbox 360 bereits öfter für Media-Anwendungen als für Games eingestaltet wird. Offen ist jedoch, ob sich Sony und Microsoft bis zum Start der Next-Gen eine Lösung für andauernde Lizenzrechtsprobleme einfallen lassen. Denn nach wie vor können die meisten Apps und Angebote nur in den USA genutzt werden.

Überraschungen?

Während alteingesessene Entwickler wie John Carmack keine "revolutionären" Erwartungen an die nächsten Konsolen haben, bleibt schlussendlich dennoch zu hoffen, dass Sony und Microsoft mit dem einen oder anderen Feature überraschen werden. Inspiration dazu lieferten wiederholt Aussagen von Seiten Sony, wonach in der Entwicklungsabteilung schon fleißig Games für Motion-Gaming und Virtual-Reality-Brillen getestet werden. Die Hürde hierfür dürften jedoch abermals die Kosten sein. Sonys Personal 3D Viewer kostet allein, ohne Konsole, knapp 800 Euro.

Nach der rasch verflogenen Euphorie rund um wiederbelebtes 3D, ist offen, ob die dritte Dimension ein zentrales Thema wird. Als Punkt auf den Feature-Listen wird es sicher nicht fehlen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at 24.6.2012)

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