Die Asylwerber auf der Saualm müssen auf 1200 Meter Seehöhe in völliger Abgeschiedenheit leben. Deutschkurse finden dort kaum statt, psychische Betreuung überhaupt nicht.

Foto: Gerhard Maurer

Wölfnitz - Die schmale Straße auf die Saualm windet sich endlos. Auf 1100 Meter Seehöhe findet sich ein kleines Wirtshaus. In der winzigen Gaststube hängen ein Dachs- und ein Bärenfell. Der Wirt ist Jäger. Ob er davon gehört hat, dass oben auf das Asylheim geschossen wurde? Angeblich Einheimische, die die Asylwerber nicht mögen? "So ein Blödsinn", grinst der Wirt. Ob schon Asylwerber bei ihm eingekehrt seien? "Nein, die lass ich hier nicht herein." Im Vorjahr war ganz in der Nähe auch auf ein Partisanendenkmal geschossen worden.

"Ausgehungert"

Einheimische Frauen, die im Asylheim gekocht haben, erhoben gegenüber Pfarrer Johann Wornik und Pfarrgemeinderat Heinrich Tritthart schwere Vorwürfe gegen die Betreiberin Herta L. Die beiden haben daraufhin Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) einen offenen Brief geschrieben und ihn gebeten, das umstrittene Heim auf der Saualm zuzusperren. Jetzt sammeln sie Unterschriften für die Schließung.

Eine der Köchinnen "gruselt" es heute noch, wenn sie an ihre Kurzzeitarbeit oben zurückdenkt. "Das ist menschenunwürdig, wie man mit den Leuten umgeht." Als sie das erste Mal hingekommen sei, hätten die Asylwerber "Essen, Essen" geschrien, "so ausgehungert waren sie". Die Frau will anonym bleiben. Es habe nur abgelaufene Ware gegeben, das Brot und die Semmeln seien so strohtrocken gewesen, dass sie beim Essen zerbröselten. 

Köchin in psychiatrischer Behandlung

In die Tagessuppe sei alles, was vom Vortag übrig geblieben sei, eingekocht worden. "Bei uns gibt man so einen Fraß den Ferkeln." Einmal habe es Rindfleisch gegeben. "Das waren aber nur Rindsknochen mit ein bisschen Fleisch drauf." Eine andere Köchin beschwert sich über die hygienischen Verhältnisse. Sie habe drei Wochen lang nur Speis und Kühlraum geputzt. Sie musste nach ihrem Saualm-Aufenthalt in psychiatrische Behandlung.

Die Betreiberin habe auch bei Heizung und Warmwasser "gespart". Als ein Asylwerber einmal eine Viertelstunde lang duschte, habe sie ihn weggejagt und die Duschzeiten von 18 bis 18.30 Uhr für alle begrenzt. Dabei erhält L. den erhöhten Tagsatz von 40 Euro pro Asylwerber, und das für eine Vollbelegung von 30 Personen. Die Asylwerber hätten mit Hungerstreik und Randalen regiert.

Die Sonderbetreuunganstalt, die einst Jörg Haider für eine "konzentrierte Unterbringung" mutmaßlich straffälliger Asylwerber erfand, liegt auf etwa 1200 Metern auf einer Lichtung. Das letzte Wegstück muss man zu Fuß zurücklegen. Ein selbst gebastelter Wegweiser, auf dem in dicker roter Schrift "Asylantenheim" geschrieben steht, zeigt die Richtung an. Darunter hat ein Asylwerber "Nix god" gekritzelt.

Keiner kam zurück

Sofort ist die Security mit einem Rottweiler zur Stelle. Man darf nicht ins Haus. Aufgescheucht kommen die Asylwerber vor die Glastüre, deren Oberfenster zersplittert ist. Einer zeigt hinauf: "Hier Schuss. Wir haben Angst, ganz allein, sind im Gefängnis hier." Bei Gefahr gibt es vor Ort nur zwei Security-Männer. Rettung oder Polizei würden von der Einsatzstelle Griffen aus eine Dreiviertelstunde brauchen. Alle wollen zugleich erzählen. Sie wurden aus Traiskirchen und Thalheim, manche aus einem anderen Kärntner Quartier überstellt.

Ein Afghane zeigt auf sein Hemd. Er trägt seit Wochen dasselbe. "Kein Geld." Sein Monatstaschengeld von 40 Euro habe ihm die Quartiergeberin abgenommen - fürs Taxi ins Dorf. Es kostet hin und zurück 80 Euro. "Das darf sie nicht", sagt Flüchtlingsreferent Gernot Steiner. Arztbesuche seien gratis, Mitfahren koste nur zwölf Euro. Wer aggressiv wird oder sich gegen L. auflehnt, werde von der Polizei abgeholt. Keiner kam zurück. 

Verleumdung und nicht erfüllte Bauauflagen

Herta L. weist alle Vorwürfe empört von sich: "Das sind alles Druckmittel gegen mich. Man weiß ja, dass die alle von der Saualm wegwollen." Und die Köchinnen würden sie verleumden, weil sie sie letztlich doch nicht genommen habe. Mit dem Flüchtlingsreferat liegt sie im Clinch, seit man ihr das Asylheim für drei Monate geschlossen hatte - wegen nicht erfüllter Bauauflagen.

Heinz Tritthart glaubt nicht, dass die Saualm jemals geschlossen wird: "Das war der letzte Wille des Jörg Haider." Wenige Tage nach der Vorstellung seiner "Sonderanstalt" verunfallte er 2008. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 13.6.2012)