Wien - Es war ein Herzschlagfinale und spießte sich an Details. In der Nacht auf Donnerstag ging der Deal dann doch glatt über die Bühne. Er habe niemals daran gezweifelt, sagt Claudio Albrecht, aber an den Nerven gezehrt habe es schon. 

Der Tiroler lenkt Actavis, den viertgrößten Generikahersteller der Welt. Die isländischen Eigentümer holten ihn vor zwei Jahren, um den Konzern zu sanieren und zu verkaufen. Das sei nun um einige Jahre früher geglückt als geplant, zieht Albrecht Bilanz. 4,25 Milliarden Euro blättert der börsennotierte US-Riese Watson hin, um Actavis zu übernehmen. Geben die internationalen Kartellbehörden grünes Licht, entsteht ein Konzern mit acht Milliarden Euro Umsatz und 17.000 Mitarbeitern.

Konzentrationsprozess

Sein Geschäft ist der Nachbau von Medikamenten. Sie haben die gleichen Wirkstoffe wie die Originale, sind jedoch deutlich billiger. Überleben lässt sich aufgrund der niedrigen Preise nur durch Größe. Die Generikabranche erlebt daher seit Jahren eine rasante Fusionswelle. 2010 hat Marktführer Teva den deutschen Konkurrenten Ratiopharm geschluckt. Zuvor kam die französische Sanofi bei Zentiva in Tschechien zum Zug und die deutsche Fresenius bei APP in den USA. Watson hat eine nicht minder starke Einkaufstour absolviert, die die Amerikaner nun mit Actavis vorläufig abschließen wollen.

Deutsche Bank profitiert als Gläubiger

Synergien von mehr als 300 Millionen Euro soll der Deal in den kommenden drei Jahren bringen. Profiteur ist auch die Deutsche Bank als größter Gläubiger der Actavis: Der Verkauf geht mit einer Umschuldung einher und setzt bei dem Institut einiges Eigenkapital frei. Albrecht sieht zwischen Watson und Actavis kaum Überschneidungen: Die Zahl der rund 10.500 Jobs bei Actavis könne daher weitgehend erhalten bleiben, ebenso die Schweizer Zentrale.

Auch für die Marke werde sich eine Lösung finden, um sie in Europa zu erhalten. Sein eigener Vertrag läuft nach der Integration des Konzerns in Watson ab. "Ich habe dann meine Mission erfüllt."

Actavis vertreibt in 40 Ländern mehr als tausend Produkte. Größte Herausforderung wird künftig die Kopie biotechnologischer Arzneien. Die Originalhersteller sattelten längst darauf um - zunehmend laufen daher auch die entsprechenden Patente ab. Biotechnologische Präparate nachzuahmen koste die Generikahersteller freilich um bis 80 Mal mehr als die Entwicklung chemischer Produkte, rechnet Albrecht vor. Ohne kritische Größe ließen sich diese Investitionen nicht finanzieren.

In Österreich sieht er die Branche im Abseits. Der wertmäßige Anteil der Generika unter den Medikamenten betrage nur zwölf Prozent und liege damit weit unter dem europäischen Niveau. Dabei könne der Staat durch den Einsatz der günstigeren Arzneien jährlich 200 Millionen Euro einsparen, ist er überzeugt. Lange ließe sich Österreichs Widerstand gegen Generika aber ohnehin nicht mehr aufrechterhalten, "Die demografische Entwicklung spielt dagegen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 27.4.2012)