Wien - Anlässlich des bevorstehenden Welt-Asthmatages am 1. Mai weist der Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), Georg-Christian Funk, Lungenfacharzt in der 1. Lungenabteilung des Otto Wagner Spitals in Wien darauf hin, dass eine Schwangerschaft für Asthmatikerinnen in der Regel kein Problem darstellt. Betroffene brauchen sich vor einer Verschlechterung des Asthmas durch die Schwangerschaft nicht fürchten.

Eine kürzlich im Lancet publizierte Untersuchung gibt betroffenen Frauen und Ärzten zusätzliche Sicherheit: Denn, erläutert Funk, „mit der neuen Untersuchung, die das Stickstoffmonoxid (NO) in der Ausatemluft misst, kann jetzt eine eventuell drohende Verschlechterung des Asthmas rechtzeitig erkannt und damit noch abgewendet werden."

Grundsätzlich gilt, so der Experte, dass die verwendeten Asthmamedikamente unverändert auch in der Schwangerschaft eingenommen werden sollen. Betamimetika, inhalative Steroide sowie Leukotrienrezeptorantagonisten sind sicher, eine schädliche Wirkung auf den Fetus konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Vorbeugend gegen die Entstehung von Asthma beim Kind wirkt außerdem „die Vermeidung von Aktiv- und Passivrauch sowie regelmäßigem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft."

Weichenstellung im Mutterleib

Die Weichen für Erkrankungen der Atemwege werden bereits im Mutterleib gestellt, wobei besondere Bedeutung dabei dem Passivrauchen zu kommt. Kinder (passiv)rauchender Frauen kommen mit deutlich kleineren Luftwegen zur Welt, daraus ergibt sich eine verringerte Lungenfunktion mit allen Konsequenzen. Auch Säuglinge, die in den ersten Lebensmonaten Passivrauchen ausgesetzt sind, weisen ein deutlich erhöhtes Risiko für Allergien und Erkrankungen der Atemwege, aber auch für eine Reihe anderer Erkrankungen auf. „Durch die intra-uterine Tabakrauch-Exposition werden also schon im Mutterleib die Wurzeln für verringerte Lungenfunktion und plötzlichen Kindstod beim Säugling, Infektanfälligkeit mit häufiger Bronchitis, verminderte Lungenfunktion und Asthma bronchiale beim Klein- und Schulkind gelegt" , betont Funk.

Während in den letzten Jahrzehnten in einigen Ländern die Anzahl der rauchenden Schwangeren insgesamt unter 20 Prozent gesunken ist, „scheint sie gleichzeitig bei den unter 19-jährigen schwangeren Raucherinnen auf mehr als 40 Prozent gestiegen zu sein" umreißen die elf Autoren des Statements von sechs wissenschaftlichen Fachgesellschaften eine Hauptproblematik des „Fetalen Tabaksyndroms." In Deutschland rauchen rund 21 Prozent der schwangeren Raucherinnen, in Österreich sind es 20 bis 30 Prozent." 

Der schädigende Einfluss von mütterlichem Rauchen in der Schwangerschaft ist in vielen Bereichen sehr gut nachgewiesen, erläutert Fritz Horak vom Allergiezentrum Wien West, und zitiert aus der Studie: „Es kann mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Rauchen in der Schwangerschaft einen starken und konsistenten negativen Einfluss auf das Geburtsgewicht, Plazenta-assoziierte Erkrankungen, Totgeburten, Frühgeburten, fetales Wachstum, SIDS (plötzlicher Kindstod, Anm. Red.), Übergewicht im späteren Kindesalter, Spaltbildungen, schlechtere Lungenfunktion, Asthma bronchiale, kardiovaskuläre Erkrankungen sowie mentale Entwicklungsverzögerung und ADHS hat." Dazu kommen noch vermehrt sogenannte ektope Schwangerschaften, wenn sich der Embryo außerhalb der Gebärmutter, z.B. im Eileiter, am Eierstock oder in der Bauchhöhle einnistet, sowie eine deutlich erhöhte Infektanfälligkeit im Klein- und Schulkindalter."

Besonders betroffen ist die Lunge

Tabakrauchexposition im Mutterleib verringert nachhaltig die Lungenfunktion, betont Horak. Die Ursachen: Nikotin wirkt direkt auf jene Zellen, die das Lungengewebe aufbauen. Dadurch kommt es zu einer verringerten Ausbildung der Alveolen, das sind Lungenbläschen, die in der Lunge für den Sauerstoffaustausch mit dem Blut wichtig sind. Darüber hinaus wird auch der Aufbau des Lungengerüsts gestört und die Zusammensetzung des die Lungenbläschen auskleidenden Films (Surfactant, Anm. Red.) verändert.

Dass (Passiv)Rauchen im Mutterleib und danach im Säuglings- und Kleinkindalter häufigeres und schwereres Erkranken an akuten Virusinfektionen der unteren Luftwege bewirkt, betont Ernst Eber von der Klinischen Abteilung für pädiatrische Pulmonologie und Allergologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität in Graz. Auch das Risiko, so Eber, „am plötzlichen Kindstod zu versterben, wird durch Tabakrauchexposition im Mutterleib deutlich erhöht." Der Plötzliche Kindstod ist nach wie vor für den größten Teil der Todesfälle im Säuglingsalter verantwortlich, auch wenn die Sterblichkeitsrate in Mitteleuropa - auch in Österreich - in den letzten Jahren durch verschiedene aufklärende Maßnahmen deutlich gesunken ist.

Akuter Handlungsbedarf

Dringenden Handlungsbedarf orten die Studienautoren darin, Schwangere vom Tabakrauchen abzuhalten. In vielen Fällen, unterstreicht Eber, ist eine Schwangerschaft eine hohe Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören. Frauen, die auch in der Schwangerschaft nicht aufhören können, sind eine besonders wichtige, aber auch schwer zu behandelnde Gruppe. „Raucherentwöhnung während der Schwangerschaft ist besonders schwierig, weil konventionelle Medikamente bei Schwangeren nicht zugelassen oder nicht wirksam sind." Dazu komme, dass das Umfeld der Schwangeren ebenfalls rauchfrei sein muss, damit die Strategien für den Rauchstopp umgesetzt werden können.

Die Empfehlung der Studienautoren: Rauchende Frauen, die beabsichtigen schwanger zu werden, bereits vor der Schwangerschaft zu einem Rauchstopp mit medikamentöser Unterstützung und spezialisierten Fachkräften zu animieren. Durch die interdisziplinäre Betreuung könne auch, so die Experten, die Ruckfallrate nach der Geburt des Kindes reduziert werden. (red, derStandard.at, 26.4.2012)