Wien - Die Gewerkschaft vida hat sich im Vorfeld des heutigen Aufsichtsrates zu im Raum stehenden Änderungskündigungen bei der AUA (Austrian Airlines) geäußert - und auf einen mit einem Betriebsübergang verbundenen Fristenlauf verwiesen. Dazu hat sie sich auch mit einem neuen Gutachten bewaffnet. Im Streit um den Zwangsumstieg vom (gekündigten) AUA-Bord-Kollektivvertrag auf den (ebenfalls gekündigten) Tyrolean-KV bleibt die Gewerkschaft dabei: Es gelten weiter die KV-Bestimmungen.

Jahresfrist

Die Gewerkschaft hat bei der Kanzlei Freimüller/Obereder/Pilz & Partner ein Rechtsgutachten zum Thema AUA/Tyrolean-Betriebsübergang eingeholt. "Aus strategischen Gründen" könne man derzeit leider nicht das ganze Gutachten weitergeben, schrieb die Gewerkschaft am Donnerstag in einer Aussendung. Sie zieht aus dem Bericht aber folgende Schlussfolgerung:

"Nach Ansicht der vida-Rechtsabteilung ergibt sich ... zusammengefasst, dass eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nach der Kündigung des AUA und Tyrolean Kollektivvertrages frühestens ein Jahr nach dem Betriebsübergang und nur mit Zustimmung der Mitarbeiter, die durch die Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses erzwungen werden könnte (Änderungskündigung), möglich wäre. Die Arbeitnehmer könnten jedoch die Kündigung akzeptieren, was für die AUA die Verpflichtung zur Zahlung von Abfertigungen auslösen würde."

"Gesetzliche Nachwirkung" von Kollektivverträgen

Die Arbeitsrechtler im Auftrag der Gewerkschaft verweisen in der (in der Aussendung auszugsweise wiedergegebenen) Expertise auf die "gesetzliche Nachwirkung" von Kollektivverträgen: Paragraf 13 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) bestimme, dass die Rechtswirkung eines Kollektivvertrages nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfasst waren, "solange aufrecht bleiben, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird".

Das heiße nun aber nichts anderes, als dass "für alle ArbeitnehmerInnen der AUA, die zum Zeitpunkt der Kündigung des Kollektivvertrags durch die Wirtschaftskammer (im Auftrag der AUA) bereits in einem Anstellungsverhältnis zur AUA gestanden sind, weiterhin die Kollektivvertragsregelungen in Geltung stehen." Diese Geltung ende, so die Gutachter, erst dann, wenn entweder ein neuer Kollektivvertrag für die AUA abgeschlossen wird, oder wenn diese Arbeitnehmer einer vertraglichen Änderung ihrer Arbeitsbedingungen zustimmen.

Gegenexpertise der AUA

Davor hatte der von der AUA-Spitze zum Gutachter bestellte Anwalt Georg Schima erklärt, der Vorstand könne einen Betriebsübergang auf die Regionaltochter Tyrolean "unabhängig von den verschiedenen Positionen" durchführen, und Schima ortete einen "KV-freien Raum".

Die Gewerkschaft räumt zwar ein, dass die AUA die Möglichkeit habe, den Beschäftigten "einvernehmliche Verschlechterungen" anzubieten. "Nehmen sie diese einvernehmlichen Verschlechterungen jedoch nicht an, bleibt alles beim Alten. Es gelten die Kollektivvertragsregelungen für sie weiter. Freilich hat AUA die Möglichkeit, in derartigen Fällen zu kündigen, wenn die ArbeitnehmerInnen die neuen Bedingungen nicht akzeptieren. Dann aber enden die Dienstverhältnisse und AUA muss die hohen Abfertigungszahlungen an die einzelnen AUA-Piloten leisten. Dies gilt übrigens nach unserem Dafürhalten sowohl im Falle des Betriebsüberganges als auch ohne diesen." (APA, 19.4.2012)