Andrea Jörger: "Heute geht es nicht mehr darum, so spät wie möglich am Flughafen anzukommen und so schnell wie möglich wieder abzureisen, sondern darum, den Komfort und die Angebotsvielfalt zu erhöhen."

Foto: The Circle

Am Flughafen Zürich-Kloten entsteht eine Airport-City mitsamt Shoppingcenter und Schönheitsklinik. Andrea Jörger, Chef von "The Circle", erläutert im Gespräch mit Wojciech Czaja die Pläne.

STANDARD: In Zürich-Kloten soll in den nächsten Jahren die Airport-City "The Circle" mit rund 210.000 Quadratmetern Nutzfläche entstehen. Zürich spielt im europäischen Flugverkehr jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

Jörger: London Heathrow, Paris Charles de Gaulle und Amsterdam Schipol sind natürlich größer. Das stimmt. Aber wir fliegen von Zürich aus 185 Destinationen weltweit an und haben rund 24 Millionen Passagiere pro Jahr. Ich denke, dass Zürich für ein Projekt wie "The Circle" bestens geeignet ist: Es liegt sehr zentral. Innerhalb von 1,5 Flugstunden erreicht man die wichtigsten Städte Europas. Hinzu kommt die gute öffentliche Nahverkehrsanbindung mit Bus, Tram und S-Bahn sowie die gute Autobahn-Anbindung. Der Flughafen Zürich ist wahrscheinlich der am besten erschlossene Punkt in der ganzen Schweiz.

STANDARD: Airport-Citys am Flughafen gibt es schon viele. Was soll bei "The Circle" anders sein?

Jörger: Ich denke, die klassische Verkehrsdrehscheibe, wie wir sie bisher kannten, ist Geschichte. Heute geht es nicht mehr darum, so spät wie möglich am Flughafen anzukommen und so schnell wie möglich wieder abzureisen, sondern darum, den Komfort und die Angebotsvielfalt zu erhöhen. Die Besonderheit von "The Circle" ist, dass wir nicht nur eine Non-Aviation-Ertragsquelle schaffen wollen, um die Verweildauer zu erhöhen, sondern dass wir das Projekt zu einer eigenen Destination mit besonderen Dienstleistungen ausbauen wollen.

STANDARD: Wie soll das gelingen?

Jörger: Mit dem richtigen Nutzungsmix. Nur die Hälfte der Gesamtnutzfläche ist für Büroflächen reserviert. Die restlichen 50 Prozent entfallen auf Hotellerie und auf besondere Schwerpunkte. Das sind zum Beispiel "Health & Beauty" mit Dienstleistungen im Schönheits- und Gesundheitsbereich, "Education & Knowledge" mit Weiterbildungsangeboten für Institutionen aus der Schweiz und dem Ausland sowie "Culture & Events" mit diversen Veranstaltungs- und Konferenzräumlichkeiten für bis zu 1500 Personen. Außerdem wird es das sogenannte "Brands & Dialogue" geben, also exklusive Präsentations- und Vermarktungswelten für Firmen aus dem Konsumgüter- und Dienstleistungssektor.

STANDARD: Ein Airport-Shoppingcenter also?

Jörger: Ich sehe das "Brands & Dialogue" nicht als klassisches Shoppingcenter, sondern eher als eine Art Plattform, auf der sich regionale, nationale und internationale Marken präsentieren können. Und zwar nach dem Motto B2B (Business-to-Business, Anm.) und B2C (Business-to-Consumer). Ich denke da beispielsweise an Flagship-Stores in der Mode- und Uhrenbranche.

STANDARD: Mit welcher Zielgruppe rechnen Sie?

Jörger: Wir erwarten uns einerseits internationale Passagiere, anderseits auch regionale wie lokale Besucher, die für die Dauer von 24 bis 48 Stunden nach Zürich anreisen, um hier an einem Kongress teilzunehmen oder kosmetische und gesundheitliche Services im High-End-Bereich zu konsumieren. Ich denke, dass es auf dem Flughafen der Zukunft nicht mehr nur um Produkte, sondern vermehrt auch um Dienstleistungen gehen wird - idealerweise um eine Konzentration von USP.

STANDARD: Die meisten Airport-Citys bestehen heute fast nur aus Office-Facilitys. Ein Auslaufmodell?

Jörger: In der heutigen wirtschaftlichen Situation ist es schwierig geworden, Prophet zu sein. Aber ich denke, dass langfristig ein gewisser, vielfältiger Nutzungsmix überlebenswichtig für die Flughäfen sein wird. Ein Flughafen bietet viele Synergiepotenziale. Diese gilt es zu nutzen. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 14./15.4.2012)