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Rudolf Valenta: "Etwa die Hälfte der Allergiker entwickelt Asthma."

Foto: APA/Georg Hochmuth

Standard: Eine allergische Sensibilisierung besteht häufig, bevor Symptome auftreten. Sie empfehlen, Kinder möglichst frühzeitig zu testen. Warum?

Valenta: Es gibt die relativ harmlosen Manifestationen, wie eben den Heuschnupfen, der allerdings dann, wenn er nicht diagnostiziert und behandelt wird, oft in Asthma übergehen kann - eine schwere Krankheitsform. Gefährlich sind auch Nahrungsmittelallergien sowie Überempfindlichkeit gegen Insektenstiche, weil diese heftige Schockreaktionen auslösen können. Das bedeutet einen schweren Kreislaufkollaps, der unbehandelt tödlich enden kann.

Standard: Passiert das häufig?

Valenta: Die gefährlichsten Formen sind selten. Allergisches Asthma jedoch betrifft ungefähr zehn Prozent der Menschen. Das heißt: Etwa die Hälfte der Allergiker entwickelt Asthma.

Standard: Wie funktioniert der von Ihnen mitentwickelte Test?

Valenta: Über eine Blutprobe. Ein Tropfen ist ausreichend. Daraus wird Serum gewonnen, und dieses verteilt man auf einem Glaschip, auf dem über 100 Allergene angebracht sind. Eventuell im Blut der Testperson vorhandene Antikörper binden sich dann an die dazugehörenden Allergene, und anschließend machen wir diese mit weiteren, fluoreszenz-markierten Antikörpern sichtbar. Das geht sehr schnell. Bereits nach ein paar Stunden haben wir ein Ergebnis. Wer sich so testen lassen möchte, sollte einen Allergologen aufsuchen.

Standard: Und wenn man positiv getestet wird, was dann?

Valenta: Es gibt einige Allergen-Quellen, gegen die man gut Vermeidungsmaßnahmen treffen kann. Da sind zum Beispiel die Hausstaubmilben- und die Tierhaarallergien sowie Überempfindlichkeit gegen bestimmte Schimmelpilze, die unter anderem in Blumentöpfen, an Wänden und in Raumluftbefeuchtern auftreten können. Diese Quellen sollte man dann tunlichst aus seinem Wohnumfeld entfernen. Jeder Kontakt mit den Allergenen heizt schließlich die Krankheit an. Die Produktion von krankmachenden Ig-E-Antikörpern wird angeregt, und die Symptome nehmen zu. Das lässt sich aber vermeiden. Schwieriger ist es bei Pollenallergien. Manche Menschen wählen ihren Urlaub jedoch so, dass sie verreisen können, wenn hierzulande zum Beispiel die Birken blühen. Auch das ist grundsätzlich möglich.

Standard: Kann man sich denn vorbeugend gegen Allergien schützen?

Valenta: Leider noch nicht wirklich. Es gibt allerdings verschiedene Beobachtungen, aus denen man sich bemüht, präventive Konzepte abzuleiten.

Standard: Wie weit ist die Entwicklung von antiallergischen Impfstoffen fortgeschritten?

Valenta: Auf diesem Gebiet gibt es ganz neue Entwicklungen. Mittlerweile sind künstlich hergestellte Allergen-Derivate in klinischer Erprobung, um gezielter behandeln zu können und die Nebenwirkungen zu senken. Auch soll so das Behandlungsverfahren erleichtert werden. Es werden nur noch vier Impfungen pro Jahr benötigt, statt mehr als 20 Spritzen jährlich und Tabletten oder Tropfen jeden Tag. Ein Präparat gegen Birkenpollenallergie eines deutschen Herstellers hat bereits eine Phase-III-Studie erfolgreich absolviert und steht kurz vor der Zulassung. Der Gräserpollen-Impfstoff einer österreichischen Firma befindet sich gerade in einer Phase-II-Studie. Dieses Präparat könnte in ein paar Jahren am Markt sein. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 26.3.2012)