Sie ist nicht nur in Österreich, sondern auch unter den Experten im eigenen Mutterland umstritten. Trotzdem mausert sich die 2009 in Deutschland beschlossene Schuldenbremse zum Exportschlager: Das Gros der EU-Regierungen verpflichtete sich, Defizitgrenzen in der Verfassung zu verankern - so auch die heimischen Koalitionsparteien, die dieser Idee anfangs skeptisch (ÖVP) bis ablehnend (SPÖ) gegenüberstanden.

Nach deutschem Vorbild bedeutet dies, dass das strukturelle Budgetdefizit - konjunkturell bedingte Einnahmen- und Ausgabenschwankungen sollen herausgerechnet werden - ab 2017 nicht 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen darf. Länder und Gemeinden dürfen höchstens ein Minus von 0,1 Prozent anschreiben. Allerdings gibt es jeweils Pufferzonen, die begrenzte Ausreißer erlauben.

Ob die Schuldenbremse tatsächlich in der Verfassung landet, ist unsicher. Keine der drei Oppositionsparteien hat bisher die nötigen Stimmen zugesichert. Aber auch ohne den Beschluss sind die Folgen bereits schwerwiegend: Um das Budgetziel zu erreichen, muss die Regierung das Defizit rascher abbauen als geplant. Die Folge werden Einsparungen und Steuererhöhungen von zehn Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren sein. Ende Jänner will die Koalition ein Gesamtpaket vorlegen.

Angesichts dieses Volumens ist die Schuldenbremse auf SP-Seite unbeliebt: Vor allem der Gewerkschaftsflügel fürchtet brutalen Sozialabbau und politische Selbstfesselung. Die Salzburger Arbeiterkammer nennt die Schuldenbremse eine "Bankrotterklärung der Politik", die Wiener Dependance hat zu einer öffentlichen Präsentation am Dienstagabend den deutschen Kritiker Achim Truger geladen. Am 20. Jänner rufen AK und Gewerkschaften ihre erweiterten Führungsgremien zu einer großen Konferenz zusammen - um, wie es heißt, "No-go-Areas" beim Budgetkonsolidieren abzustecken. (jo, DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2012)