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Annäherung ...

"Gering wie die Chance eines Schneeballs in der Hölle" heißt es in einer Redewendung, die nun vielleicht noch einmal durchdacht werden muss. Astronomen haben nämlich erstmals beobachtet, wie ein Komet - bekanntlich ein "schmutziger Schneeball" - durch die Korona der Sonne gezischt ist und dies überstanden hat. "Höllenritt" ist dabei keine Übertreibung: Denn während die Temperatur in der Photosphäre der Sonne nur bei etwa 5.500 Grad Celsius liegt, kann sie in der Korona in den Bereich von mehreren Millionen Grad gehen. Der kosmische Überlebenskünstler heißt "Lovejoy" - ein Komet, der erst am 2. Dezember vom Australier Terry Lovejoy entdeckt worden war.

Foto:NASA's Solar Dynamics Observatory/AP/dapd

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... und Entkommen

"Lovejoy" gehört zur sogenannten Kreutz-Gruppe, einer hunderte oder tausende Mitglieder umfassenden Familie von Kometen, die der Sonne sehr nahe kommen. Eine Hypothese besagt, dass sie Bruchstücke eines riesigen Kometen sind, der im 12. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zerbrach. Alle paar Tage lässt sich durch das "Solar and Heliospheric Observatory" (SOHO) von NASA und ESA beobachten, wie ein kleineres Mitglied dieser Gruppe in die Sonne stürzt und verdampft. Dass mit "Lovejoy" am vergangenen Freitag ein Komet wieder aus der Korona aufgetaucht ist, stellt eine Premiere dar. Man hatte ihn zunächst auf einen Durchmesser von 100 bis 200 Meter geschätzt. Nun revidieren Astronomen dies nach oben: Eher sollte der Komet schon einen halben Kilometer groß gewesen sein, damit von ihm nach der verlustreichen Passage durch die Korona überhaupt etwas übrigbleiben konnte.

Foto:NASA's Solar Dynamics Observatory/AP/dapd

Und jetzt noch mal das Ganze aus anderer Perspektive

Sowohl SOHO als auch der neuere "Satellit Solar Dynamics Observatory" (SDO) und die STEREO-Zwillingssonden der NASA sowie der Kleinsatellit Proba-2 der ESA haben die Reise des Kometen mitverfolgt, die ihn bis auf 120.000 Kilometer an die Oberfläche der Sonne herantrug. Das dabei gesammelte Datenmaterial wird die Astronomen noch längere Zeit beschäftigen. Zum einen was den wilden Tanz des Kometenschweifs während seines Wegs durch die Korona betrifft: Dahinter könnten Stoßwellen heißer Gase aus der tiefer liegenden Chromosphäre der Sonne stecken; vielleicht ist dies aber auch eine Interaktion des Schweifs mit den Linien des solaren Magnetfelds. Niemand weiß es, weil bislang noch niemals eine derartige Passage beobachtet wurde - "Lovejoy" könnte daher zu weiteren Aufschlüssen über die Sonne selbst führen.

Foto: NASA/SOHO

Vorläufiges Ende

Und auch das weitere Schicksal von "Lovejoy" lässt vorerst noch viele Fragen offen. Ob er nach dem enormen Masseverlust nun endgültig auseinanderbrechen wird oder ob sein Überrest stabil genug geblieben ist, um wieder im Sonnensystem zu verschwinden, steht in den Sternen - in ein paar Tagen hat er jedenfalls den Aufnahmebereich der diversen Sonnenobservatorien verlassen. (red)

Link
NASA: "Science Nugget: Using Many Instruments to Track a Comet" (mit einer ganzen Reihe Videos)

Foto: NASA/SOHO