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Ratten helfen ihren Artgenossen in der Not. Selbst wenn die Ratten die Wahl zwischen der Rettungsaktion und Schokolade hatten, wählten sie sehr oft die Befreiung.

Foto: REUTERS/Danish Siddiqui

Washington/Wien - Ratten fühlen mit ihren gefangenen Freunden und helfen ihnen - sogar wenn sie selbst davon keinen Vorteil haben. Es sei die erste Beobachtung dieser Art bei Nagetieren, berichten US-Wissenschafter in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Science".

Die Forscher von der Universität Chicago hielten Laborraten paarweise in Käfigen, sodass die Tiere sich aneinander gewöhnten. Anschließend sperrten sie eine der Ratten in einen durchsichtigen Behälter innerhalb eines größeren Testkäfigs. Wie erwartet reagierte auch die andere Ratte mit Unruhe auf die Gefangenschaft ihres Gefährten. Nach einigen Versuchen jedoch lernten die freien Ratten, die Gefängnistür zu öffnen. Sie halfen ihren Gefährten hinaus, öffneten jedoch nie die Tür für Stoffmäuse oder andere Gegenstände.

Das Verhalten ging weit über alle bisher beobachteten empathischen Verhaltensweisen bei Nagetieren hinaus, berichteten die Forscher. Die Ratten befreiten ihre Gefährten meist schnell und auch dann, wenn diese nicht in den gemeinsamen Käfig, sondern nach draußen entlassen wurden. Es gab für die Befreiung also keine Belohnung in Form eines sozialen Kontaktes.

Selbst wenn die Ratten die Wahl hatten, entweder ihren Gefährten zu befreien oder mit dem selben Trick einen Behälter mit Schokolade zu öffnen und diese allein zu vernaschen, wählten sie sehr oft die Befreiung.

"Sie hätten zuerst die ganze Schokolade allein fressen können. Stattdessen öffneten sie ebenso oft zuerst die Käfigtür und teilten sich die begehrten Süßigkeiten. Das sagt uns, dass die Befreiung ihres Gefährten für sie auf einer Stufe mit Schokolade stand", erläuterte die Neurobiologieprofessorin Peggy Mason von der University of Chicago. "Das hat uns wirklich überrascht."

Die Ratten erkannten nicht nur die Notlage ihres Artgenossen. Sie behielten trotz Verlockungen gewissermaßen einen kühlen Kopf und handelten, um diese unangenehme Situation zu beenden.

Die Studie zeige, dass Menschen von Ratten lernen könnten, schreiben die Autoren in ihrem Paper. Erstautor Inbal Ben-Ami Bartal, Doktorand an der Uni, meinte sogar: "Wenn wir nicht empathisch handeln, dann handeln wir eigentlich gegen unsere Natur." (APA, pi/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11. 12. 2011)