Sandra Frauenberger ist seit 2007 Stadträtin für Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz.

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In welchen Zonen die Frauen legal anschaffen dürfen, wird noch verhandelt. Gestraft werden zukünftig auch die Freier, die im Wohngebiet Kontakt aufnehmen.

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Standard: Ab 1. November ist in Wien Straßenprostitution in Wohngebieten verboten. Müssen die Frauen künftig den Flächenwidmungsplan dabeihaben?

Frauenberger: Nein, überhaupt nicht. Die Steuerungsgruppe, in der die Grünen, die Bezirke, NGOs und die Polizei sitzen, möchte sichere Arbeitsplätze für die Sexarbeiterinnen, aber auch eine Entlastung für die Anrainer. Die Prostitution soll sich in Richtung Indoor verlagern. Es wird Folder in mehreren Sprachen für die Prostituierten geben, in denen das Gesetz erklärt wird. Darüber hinaus werden sie einen Plan der Stadt bekommen, wo Wohngebiete grau eingezeichnet sind, Gebiete, wo es bereits erlaubt ist, gelb. Außerdem wird es Empfehlungen für Plätze geben. Die Frauen stellen sich ja bereits jetzt darauf ein.

Standard: Wo werden diese Plätze sein?

Frauenberger: Es müssen noch Details mit zwei Bezirken und der Polizei geklärt werden, darum möchte ich noch keine Zonen nennen. Wir werden aber fünf konkrete Plätze empfehlen - manche sind bereits erlaubt, andere müssen zur Erlaubniszone erklärt werden.

Standard: Wenn die Frauen nun unsicher sind, ob es sich um ein Wohngebiet handelt?

Frauenberger: Im Zweifelsfall gilt auf jeden Fall der Flächenwidmungsplan. Aber es wird neben den Informationsfoldern und Karten mit den erlaubten Zonen auch weiterhin die Hotline für die Anrainer und Streetworker wie bisher geben.

Standard: Wird der Gürtel eine dieser Erlaubniszonen sein?

Frauenberger: Der Gürtel ist nach wie vor eine Option.

Standard: Das heißt, es sind noch einige Fragen offen.

Frauenberger: Wir wissen, dass das Gesetz nur ein erster Schritt sein kann. Auch nach dem 1. November wird die Steuerungsgruppe weiter arbeiten. Das Gesetz war nicht einfach zu schreiben. Mir sind die Interessen der Sexarbeiterinnen viel wert, ich verstehe aber auch die Interessen der Anrainer und der Polizei.

Standard: Müssen die Frauen künftig in Gegenden anschaffen, die viel unsicherer sind und wo sie wieder in die Autos der Freier steigen?

Frauenberger: Das Auto ist ein enormes Risiko, gleichzeitig erfolgt die Anbahnung bei der Straßenprostitution fast nur übers Auto. Es ist unsere Verantwortung, Zonen zu schaffen, die größtmögliche Sicherheit für die Sexarbeiterinnen bieten. Es kann aber auch sein, dass von den fünf von uns empfohlenen Zonen nur drei angenommen werden. Dann wird die Steuerungsgruppe schauen, ob es alternative Erlaubniszonen geben muss. Das Prostitutionsgesetz wird uns noch länger beschäftigen.

Standard: Das neue Prostitutionsgesetz sieht auch Strafen für Freier vor, die im Wohngebiet anbahnen. Wie hoch werden die Strafen sein?

Frauenberger: 500 Euro. Die Grünen wollten die Freierbestrafung nicht unbedingt, deshalb werden wir diese Maßnahme in rund einem Jahr evaluieren. Ich wollte nicht, dass bei einer Anbahnung im Wohngebiet nur die Frauen Strafe zahlen müssen.

Standard: Es wird auch eine Amnestie für jene Frauen geben, die bisher gegen die Schutzzonenregelung verstoßen haben. Bis zu welcher Höhe und wie lange rückwirkend sollen die Strafen erlassen werden?

Frauenberger: Die Polizei sagt, die laufenden Verfahren sind auf jeden Fall Teil der Amnestie. Wir möchten aber, dass das noch spezifiziert wird: ob das für die letzten zwei Wochen, die letzten zwei Monate oder ab Inkrafttreten des Gesetzes gilt.

Standard: Sie setzen sich immer wieder für die Aufhebung der Sittenwidrigkeit ein. In Deutschland hat sich gezeigt, dass sich die Situation der Frauen dadurch nicht nur verbessert hat und sich nur ein Prozent selbst sozialversichert hat.

Frauenberger: Ich sehe darin in erster Linie die Chance für Frauen, selbstständig zu arbeiten und ihre Rechte durchzusetzen. Wenn ein Freier nicht zahlt, haben Prostituierte jetzt keine Handhabe. In Deutschland gibt es im Gegensatz zu Österreich keine verpflichtenden Untersuchungen und keine Anmeldung bei der Polizei, bei der ab jetzt eine Beratung durch eine NGO angeboten werden muss. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, Printausgabe, 27.10.2011)