Krebsforscher denken aktuell viel über COX-Enzyme nach. Sie signalisieren dem Körper Entzündung und sorgen dafür, dass sich Blutplättchen zusammenlagern. Sie fördern aber auch die Gefäßneubildung, das Zellwachstum, und sie hemmen den natürlichen Zelltod. Acetylsalicylsäure (ASS), der Wirkstoff in Aspirin hemmt sowohl Entzündungen als auch die Gerinnung von Blutplättchen. Beide Effekte schützen vor Herzinfarkt und Schlaganfall - und vor Krebs, besonders Darmkrebs. Eine britische Studie von Peter Rothwell zeigt, dass Acetylsalicylsäure (ASS), also Aspirin vor Bösartigen Darmgeschwüren schützt. Der Clou der Untersuchung ist auch ihr Schwachpunkt: In der placebokontrollierten Studie wurde die präventive Wirkung von Aspirin nicht hinsichtlich Krebs, sondern Herz-Kreislauf-Erkrankungen ermittelt.

"Menschen mit hoher Gerinnungsneigung erkranken auch häufiger an Krebs", bestätigt Hermann Brenner von der Abteilung für Klinische Epidemiologie und Alternsforschung am Deutschen Krebsforschungszentrum. Er und sein Team suchen gezielt nach Genen für Blutgerinnung und prüfen, wie sie das Risiko an Darmkrebs zu erkranken, beeinflussen.

Bisher auffälligster Zusammenhang: Menschen mit der Gerinnungsstörung namens Faktor-V-Leiden, sie hatten ein sechsfach erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.

Dass Acetylsalicylsäure generell als Darmkrebsprophylaxe eingesetzt wird, glaubt Brenner aber nicht, genauso wenig wie Béla Teleky, stellvertretender Leiter der allgemein chirurgischen Abteilung am AKH in Wien. Er wird nicht müde zu wiederholen, dass "Darmkrebs kein Schicksalsleiden ist. Der größte Teil ließe sich sogar vermeiden, wenn alle ab dem 50. Lebensjahr zum Screening kämen", sagte er. Ein Drittel der 36.000 Patienten in Österreich verstirbt, weil sie zu spät zum Arzt kommen.

Denn Darmkrebs ist eine Wohlstandserkrankung. Rauchen, Alkohol, zu fettes und reichhaltiges Essen sowie der Trend zum "Stubenhocken" sind ausschlaggebend, und das lasse sich durch ASS-Pillen nicht ändern. (eg, DER STANDARD, Printausgabe, 04.09.2011)