Karlheinz Töchterle präsentierten die Empfehlungen für den Hochschulplan.

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"Ob der vielen Vorschläge kommt man ins Schwitzen", so der Wissenschaftsminister.

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Hochschulen in Österreich

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"Ob der vielen Vorschläge könnte man ins Schwitzen kommen", zeigte sich Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) heute bei der Präsentation der Experten-Empfehlungen für den Hochschulplan etwas überwältigt. Als "Stoffsammlung" bezeichnete einer der Experten, Eberhard Menzel, den Bericht.

An Ideen für das österreichische Hochschulsystem mangelt es den drei Experten aus der Schweiz und Deutschland wirklich nicht. Das Papier enthält Empfehlungen für die Organisation des Hochschulbereiches, für Finanzierung des Systems und Steuerungsmittel.

"Abrutschen in Mittelmäßigkeit"

Das österreichische Wissenschafts- und Forschungssystem befinde sich "immer noch auf hohem Niveau", "weiteres Abwarten und ein Versuch, die allseits bekannten Probleme auszusitzen" würden jedoch zum "Abrutschen in die Mittelmäßigkeit" führen, heißt es im Bericht. Erstellt wurde er von Antonio Loprieno,

Die Experten schlagen deshalb ein Finanzierungskonzept vor, in dem sich alle "Stakeholder" am Budget für die Unis beteiligen: Ausländische Staaten sollen Ausgleichszahlungen für ihre Studenten zahlen, die Ländern sollen sich an der Infrastruktur für die Universitäten beteiligen, die Wirtschaft soll in die Forschung investieren und die Studenten sollen Studiengebühren zahlen. "Wir haben ausgerechnet, dass ein Bachelor- und Masterstudium bei einer Studiengebühr von 500 Euro pro Semester so viel kostet wie man im ersten Jahr der Berufstätigkeit verdient", argumentierte Andrea Schenker-Wicki von der Universität Zürich für Studiengebühren. Insgesamt orten die Experten damit ein Finanzierungspotenzial von 790 Millionen Euro für den Hochschulsektor.

Unis sollen Studenten aussuchen können

Angesichts der vielen Studenten empfehlen die Experten auch die Einführung von Zugangsbeschränkungen. Bachelorstudien sollen dann beschränkt werden, wenn der Andrang sehr groß ist. Bei Masterstudien sollen sich die Universitäten "aussuchen können", wer studieren darf und wer nicht.

Neben Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren wird auch eine andere Steuerung für den Hochschulbereich empfohlen. Eine "Hochschulkomission" soll das oberste Beratungsgremium sein und Strategien entwickeln. Die "Hochschulkonferenz" bestehend aus den Interessensvertretern von Universitäten, Fachhochschulen und Ministerium soll diese Strategien koordinieren, die Hochschulen sie umsetzen. Eine Hochschulkommission schloss Töchterle bereits bei der Präsentation aus. Die Hochschulkonferenz jedoch soll bereits im Herbst tagen und über die Empfehlungen für einen Hochschulplan beraten. Der Wissenschaftsminister hat angekündigt jenen Hochschulen mehr finanzielle Unterstützung zu geben, die sich genau an diesen ausgearbeiteten Plan halten.

Fachhochschulen ausbauen

Österreich soll laut den Experten auch den Fachhochschulbereich ausbauen und dadurch die Unis entlasten, heißt es in dem Papier. 2009 besuchten nur 11,1 Prozent aller Studenten eine FH, die Experten halten eine Steigerung auf 40 Prozent (allerdings inklusive PH-Studenten) für wünschenswert.

Wissenschaftsminister Töchterle bezeichnete den Blick der Experten bei der Präsentation als "hochkompetent" und "scharf". Es würden manche Dinge eher langfristig umgesetzt werden können und andere schneller. Als Beispiel nannte Töchterle Studiengebühren, die man leicht einführen könnte. Ausgleichzahlungen aus Deutschland wiederum seien eher schwieriger durchzusetzen. Zu einer Beteiligung der Länder an der Uni-Finanzierung bezeichnete der Wissenschaftsminister als "schlüssig". Schließlich würden sich die Länder sehr für Universitäten einsetzen. "Ich will die föderale Struktur beibehalten und stärken", so Töchterle.

100.000 studieren weniger als einen Tag

Grundsätzlich sei es an der Zeit die "Verbindlichkeit des Studierens" zu erhöhen. Hier gab ihm auch Experte Menzel von der Hochschule Ruhr West Recht. Derzeit gäbe es beinahe 100.000 Studenten, die weniger als einen Tag in der Woche an der Universität studieren würden. Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen würden diese Verbindlichkeit bringen, dies würde die Situation an den Fachhochschulen beweisen, ist der Wissenschaftsminister überzeugt. 

Viel Zeit für die Umsetzung all dieser Punkte bleibt nicht. Bereits im nächsten Jahr beginnen die Verhandlungen des Wissenschaftsministeriums mit den Universitäten um die neue Leistungsvereinbarung für die Jahre 2013 bis 2015. Geht es nach dem Wissenschaftsminister sollen die Grundzüge für den neuen Hochschulsektor in Österreich bis Ende dieses Jahres stehen. (Lisa Aigner, derStandard.at, 23.8.2011)