Bonn - Benötigen Kinder aufgrund einer Innenohrschwerhörigkeit ein Cochlear-Implantat, sollte dieses möglichst vor Vollendung des zweiten Lebensjahres eingesetzt werden. Dies zeigt eine Auswertung der Behandlungsergebnisse des Freiburger Implant-Centers im Rahmen einer Doktorarbeit. Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC) zeichnete den Autor für seine Erkenntnisse jetzt mit dem Dissertationspreis aus. 

Je früher, desto besser

"Ein Cochlear-Implantat gehört bei hochgradig schwerhörigen oder tauben Kindern heute zum medizinischen Standard", sagt Roland Laszig, Past-Präsident der DGHNO KHC. Es sei unbestritten, dass die Hörprothese Sprache und Sprachverständnis der Kinder verbessere und ihre spätere schulische und berufliche Entwicklung fördere, so der Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik in Freiburg. Unklar war bislang jedoch, in welchem Lebensalter die Operation erfolgen sollte, erläutert Studienautor Rainer Linus Beck.

"Anfangs verzichteten HNO-Mediziner auf eine frühzeitige Versorgung der Kinder, da der langfristige Nutzen noch nicht ausreichend gesichert war", so Beck. Inzwischen liegen aber Langzeitergebnisse vor: In seiner Dissertation analysierte Beck die weltweit größte Datenbank von mit Cochlear-Implantat-versorgten Kindern. Er wertete die Hörtests von 771 Patienten aus, die an der Universität Freiburg zwischen 1993 und 2004 operiert wurden. Darunter waren 493 Kinder und Jugendliche. Kinder, die ihr Cochlear-Implantat vor Vollendung des zweiten Lebensjahres erhielten, entwickelten ein deutlich besseres Sprachverständnis. Auch im Vergleich zu Erwachsenen, die nach Spracherwerb ertaubt waren, kommunizierten die Kinder verbal besser.

"Die Dissertation gibt Klinikern auf diese Weise eine fundierte Grundlage für die Entscheidung für oder gegen ein Cochlear-Implantat an die Hand", sagt Laszig. Darüber hinaus helfe sie Ärzten dabei, Eltern zukünftig noch besser über den geeigneten Zeitpunkt der Operation und das zu erwartende Rehabilitationsergebnis zu beraten.

Die Ergebnisse stimmen laut Beck mit den Erfahrungen anderer Zentren im In- und Ausland überein. "Alle Studien kommen zu dem Ergebnis: Je früher, desto besser", berichtet Beck, der deshalb die Einführung eines flächendeckenden Neugeborenen-Hörscreenings in Deutschland begrüßt. Diese Reihenuntersuchungen würden die Früherkennung verbessern und damit auch die Behandlungsergebnisse von frühkindlichen Innenohrstörungen.  (red)