Wien - Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Verschärfungen bei der Familienbeihilfe und beim Pflegegeld im Zuge des Sparbudgets als verfassungskonform anerkannt. In beiden Fällen sei der Spielraum, der bei derartigen Leistungen zur Verfügung stehe, eingehalten worden, so VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Beschwerden gegen die Regelungen hatten die Bundesländer Kärnten und Vorarlberg eingebracht.

Bei der Familienbeihilfe geht es um die Herabsetzung vom vollendeten 26. bzw. 27. Lebensjahr auf das vollendete 24. bzw. 25. Lebensjahr. Aus der bisherigen Rechtssprechung ergebe sich, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsraum des Gesetzgebers liege, die Altersgrenze "nach Maßgabe familienpolitischer Zielsetzungen und budgetärer Bedeckungsmöglichkeiten" hinauf- oder wieder herabzusetzen, so Holzinger. Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber seinen ihm zustehenden Spielraum nicht überschritten, macht der VfGH klar.

Ebensowenig verstoße die neue Regelung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, da es hauptsächlich um abgabenfinanzierte Transferleistungen, bei denen ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf unveränderten Fortbestand nicht bestehe, gehe.

Auch die - von der Vorarlberger Landesregierung angefochtenen - Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes sind laut VfGH nicht verfassungswidrig. Konkret geht es um den erschwerten Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2. Es stehe dem Gesetzgeber frei, auf eine die öffentlichen Haushalte übermäßig belastende Nachfrage nach steuerfinanzierten Transferleistungen zu reagieren, argumentiert der VfGH. Bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesänderung komme es nicht, wie in der Beschwerde vorgebracht, darauf an, ob die Argumente dafür sozialpolitisch stichhaltig sind.

Es treffe auch nicht zu, dass der Bund seinen Verpflichtungen aus der 15a-Vereinbarung mit den Ländern über gemeinsame Maßnahmen für pflegebedürftige Personen nicht nachgekommen ist. Laut Verfassungsrichtern sieht die Vereinbarung keine Bindung des Bundes vor, Details des Bundespflegegeldgesetzes, wie eben die Zugangsvoraussetzungen zu den jeweiligen Stufen, unverändert zu lassen.

Hundstorfer und Mitterlehner erfreut

Regierungsmitglieder von SPÖ und ÖVP haben die verfassungsgerichtliche Bestätigung der Maßnahmen bei Familienbeihilfe bzw. Pflegegeld begrüßt. "Durch die neuen Zugangsregelungen bei den ersten beiden Pflegegeldstufen wird niemandem etwas weggenommen", betonte etwa Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Donnerstag in einer Aussendung. Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) freute sich über die nunmehrige "Rechts- und Planungssicherheit".

"Wir sind bei diesen neuen Regelungen behutsam vorgegangen und haben genau auf eine soziale Ausgewogenheit geachtet", so Hundstorfer zum Pflegegeld. Auch jetzt, nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen, werde die Zahl der Bezieher weiter steigen. Gerade in den unteren Pflegegeldstufen würden nur wenig professionelle Dienste in Anspruch genommen. Für mittel und schwer pflegebedürftige Menschen werde der Zugang zu den höheren Pflegegeldstufen unverändert bleiben, "da diese in Relation einen wesentlich größeren Aufwand für ihre Betreuung und Pflege mit mehr professionellen Diensten haben", meinte der Sozialminister.

Mitterlehner gab zwar zu, dass für die Betroffenen die Kürzungen bei der Familienbeihilfe "natürlich schmerzhaft" seien, die Sanierung des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sei aber unausweichlich. "Somit ist die Handlungsfähigkeit des FLAF auch für die kommenden Generationen gewährleistet." Mit den Konsolidierungsmaßnahmen im Familienbereich habe es sich die Bundesregierung nicht einfach gemacht, "sondern wohlüberlegt die notwendigen Schritte gesetzt". (APA)