"Das Projekt kann momentan nur auf Einladung genutzt werden"

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Google wagt einen neuen Vorstoß in Richtung soziale Netzwerke. Mit Google+ setzt der Internetkonzern einen Gegenpol zu dem beliebten Facebook. Die Stärke von Google+ liegt laut den Entwicklern darin, dass die Nutzer Informationen mit ausgewählten Menschen teilen können statt mit allen ihren Online-Bekannten.

"Das Problem ist, dass heute jeder im Web den Stempel "Freund" aufgedrückt bekommt"

"Man steht zu unterschiedlichen Leuten in unterschiedlichen Beziehungen", schrieb Google-Entwickler Vic Gundotra am Dienstag im Firmenblog. "Das Problem ist, dass heute jeder im Web den Stempel "Freund" aufgedrückt bekommt, und das Teilen von Inhalten unter diesem Freundschaftsbrei leidet." Er spielte damit auf Facebook an.

"Circles"

Google+ ist augenscheinlich ähnlich strukturiert wie Facebook, kombiniert aber Kommunikationsmöglichkeiten von Facebook und Twitter: Die Nutzer können Informationen mit ihren Freunden teilen, gleichzeitig aber wie bei dem Kurznachrichten-Dienst Twitter auch Neuigkeiten anderer verfolgen. Zu den Kernelementen gehört die Möglichkeit, seine Online-Freundschaften nach "Circles" (Kreisen) zu gruppieren. "Die Leute nutzen im richtigen Leben bestimmte Gruppen, um zu kommunizieren und Dinge genau den richtigen Leuten mitzuteilen", teilte Google mit. "Mit 'Circles' bringen wir die Freundeskreise in die Software." Google+ soll unter anderem auch ein eigenes Video-Chat-System mit bis zu zehn Teilnehmern anbieten. Wann Google+ für eine breitere Kundschaft geöffnet wird, ließ der Konzern offen. Quasi als Dreingabe lassen sich mit dem Smartphone geschossene Fotos direkt auf die Google-Server hochladen und mit ausgewählten Menschen teilen.

Besserer Datenschutz als Vorteil

Als Wettbewerbsvorteil nennt Google ausgerechnet den Datenschutz, für dessen Mängel der Konzern in den vergangenen Jahren wiederholt Prügel bezogen hat, besonders in Deutschland. Google sei davon überzeugt, dass es Marktpotenzial gebe für ein Angebot, das die Sorgen der Menschen über Datenschutz ernst nehme, erklärte Produkt-Manager Bradley Horowitz. Die Benutzer erhielten die Möglichkeit, ihre Privatsphäre stärker als bei den Rivalen zu schützen und zu kontrollieren. Ohne Facebook direkt beim Namen zu nennen erklärte Google, bei anderen Netzwerken seien entsprechende Strukturen nachträglich "angeschraubt" worden und funktionierten nicht zuverlässig. Google und Facebook sind wiederholt von Datenschützern kritisiert worden.

Aus Buzz gelernt

Google versucht seit längerem, Facebook mit seinen mittlerweile 700 Millionen Nutzern anzugreifen. Allerdings war etwa die Einführung des Mikroblogging-Dienstes Google Buzz von Datenpannen begleitet. Aus den alten Fehlern will das Unternehmen nun lernen. Man habe danach ganz von vorne angefangen, räumte Horowitz ein. "Wir haben eine Menge durch Buzz gelernt."

Page hat das Thema soziale Netzwerke zu einem Schwerpunkt gemacht. Zwar ist Google unangefochtene Nummer eins im Internet - mit mehr als einer Milliarde Besucher im Mai zog der Konzern dem Marktforscher comScore zufolge mehr Nutzer an als jeder andere Anbieter. Allerdings verbringen die Kunden im Schnitt deutlich mehr Zeit bei Facebook als bei Google. Experten halten es für schwierig, dem Platzhirschen Facebook Nutzer wegzuschnappen. Allerdings sei Googles Web-Suche sowie Email-Angebot sehr beliebt, dies werde den Konzern helfen.

Testbetrieb

Google+ läuft vorerst lediglich im Testbetrieb mit einer kleinen Schar an Nutzern. "Das Projekt kann momentan nur auf Einladung genutzt werden", schrieb Entwickler Gundotra. Wann es für die Allgemeinheit freigeschaltet wird, ist unklar. (APA/Reuters)