Foto: NASA/JPL-Caltech/R. Hurt

London/Wien - Vor zwanzig Jahren war man nicht einmal sicher, ob es sie überhaupt gibt. Mittlerweile sind mehr als 500 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems bekannt. Und nun warten zwei Astronomenteams in Nature (Bd. 473, S. 339) mit einer Überraschung auf: Allem Anschein nach bewegen sich unzählige Jupiter-große Planeten durch die Milchstraße und sind dabei gar nicht oder allenfalls schwach an eine Sonne gebunden.

Die beiden Forschergruppen setzten auf eine andere Fahndungstechnik, die sich Albert Einsteins Relativitätstheorie zunutze macht: Derzufolge verstärkt ein Planet, der zufällig genau zwischen Erde und einem fernen Stern vorbeiwandert, das Licht dieses Sterns wie ein Brennglas. Dieser Gravitationslinseneffekt lässt den fernen Stern in charakteristischer Weise vorübergehend aufflackern.

Die Animation illustriert die Methode, mit der die vagabundierenden Planeten entdeckt wurden. (Quelle: YouTube)

Weil Erde, Exoplanet und der ferne Stern dafür exakt auf einer Linie stehen müssen, sind diese Ereignisse sehr selten. Dennoch sind bereits ein Dutzend Exoplaneten durch dieses sogenannte Microlensing entdeckt worden. Die Forscher beobachteten nun 50 Millionen Sterne der Milchstraße für zwei Jahre mindestens einmal pro Stunde.

Dabei fanden sie 474 Microlensing-Ereignisse, von denen die meisten aber nicht durch einen Planeten, sondern einen anderen Stern im Vordergrund ausgelöst wurden. Zehn dieser Ereignisse waren jedoch so kurz, dass die Forscher sie jupitergroßen Objekten zuschreiben.

Vermutlich komplett ungebunden

Zumindest innerhalb der zehnfachen Entfernung Erde-Sonne ließ sich bei diesen Objekten keine Spur eines Heimatsterns entdecken. Ein Vergleich mit direkten Beobachtungen lege nahe, dass diese Exoplaneten komplett ungebunden seien, schreiben die Astronomen der Arbeitsgruppen Microlensing Observations in Astrophysics (MOA) und The Optical Gravitational Lensing Experiment (OGLE) in Nature.

Aus den zehn beobachteten Ereignissen rechnen die Forscher um Takahiro Sumi von der Universität Osaka statistisch hoch, dass es knapp doppelt so viele frei schwebende Planeten in der Milchstraße geben muss wie gewöhnliche Sterne. Die genaue Zahl der Sterne in der Milchstraße ist unbekannt, wird aber auf 100 bis 300 Milliarden geschätzt. Wie die herrenlosen Planeten entstanden sind und wie sie sich losgerissen haben, sollen weitere Untersuchungen klären.  (APA/tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 19. 5. 2011)