Bild nicht mehr verfügbar.

Noch eine Juristin an der Spitze des Justizressorts: Beatrix Karl.

Foto: dapd/Punz

Wir brauchen mehr Geld. Wir können unsere Aufgaben so nicht mehr ordentlich erledigen. Wir kommen mit dem Ansturm, der auf uns zurollt, nicht mehr zurande. Und die Öffentlichkeit hat den Eindruck, dass das ein zerrütteter Bereich ist, dem nicht zu trauen ist.

Hoppla! Das kenn ich doch? Wo bin ich denn hier? Diesen Eindruck könnte Beatrix Karl gewinnen, wenn sie sich ihr neues Arbeitsfeld anschaut. Denn der Justizbereich zeigt ähnliche Symptome wie der Hochschulbereich, den die gebürtige Steirerin seit Jänner 2010 verantwortet hat.

Jetzt hat sie ihr neuer Parteichef vom Palais Starhemberg ins Palais Trautson verschoben. Die habilitierte Arbeits- und Sozialrechtlerin soll nach dem De-facto-Totalausfall ihrer Vorgängerin Claudia Bandion-Ortner, die dem damaligen ÖVP-Chef Josef Pröll als Bawag-Richterin für das Amt der Justizministerin besonders nobilitiert schien, das Ressort beruhigen und befrieden.

Arbeit wartet auf die 43-Jährige, die die zweite Frau in Österreich war, die sich im Fachbereich Arbeits- und Sozialrecht habilitiert hat, mehr als genug. Und ein ziemlich anspruchsvolles Publikum aus Richtern, Staatsanwälten und Spitzenjuristen im Ministerium noch dazu.

Karl wird sich für diesen Schaffensort selbst etwas aus der Reserve locken müssen, denn mit ihrer akademischen Attitüde und einer gewissen Zurückhaltung in der Auseinandersetzung, die im Uni-Bereich adäquat war, dürfte sie im heiklen Justizressort schneller Gefahr laufen, unterbuttert zu werden.

Das aber hat ihre Vorgängerin schon sehr gut hingekriegt. So gut, dass sie jetzt nicht mehr amtiert.

Die a. o. Professorin Karl wechselte 2006 von der Uni Graz in den Nationalrat und tat wenig dazu, um die Wissenschafterin in ihr zurückzudrängen. Was dazu führte, dass sie "ihrer Partei" auch mal auf der ideologischen Gegenfahrbahn entgegenkam und dabei keine Anstalten machte, zu wenden und sich hinten in die schwarze Kolonne einzureihen. Karl ist überzeugt (und kann die vielen Studien dazu lesen), dass man Kinder nicht schon mit zehn Jahren auf zwei verschiedene Schulformen aufteilen sollte. Also forderte sie: "Gymnasium für alle", die elegante Umschreibung für Gesamtschule. Die aber ist rot und bäh, sagten die schwarzen Altvorderen und entzogen ihr die Schulagenden.

Ihr Chef Michael Spindelegger hat dieses Karl-Kontra zur Parteilinie zwar nicht goutiert, aber offenkundig nicht so sehr, dass er Karl nicht zutrauen wollte, seine Justizministerin zu werden. (Lisa Nimmervoll, STANDARD-Printausgabe, 20.4.2011)

Foto: derStandard.at

Die Baustellen

Eine Wissenschaft wird es für Beatrix Karl wohl werden, im Justizressort zu reüssieren. Denn in kaum einem anderem Ministerium geht es derzeit turbulenter zu. Da sind einmal die Staatsanwälte. Die sind in der Öffentlichkeit mit dem Vorwurf konfrontiert, dass manche Verdächtige gleicher sind als andere. Claudia Bandion-Ortner wollte da medienwirksam ihr Weisungsrecht einsetzen, was die Ankläger erzürnte. Nun gibt es eine Debatte, wie ein Weisungsrecht künftig aussehen könnte. Dazu kommt das Personalproblem: Sowohl (Korruptions-)Staatsanwälte und Richter in Wien klagen über eklatanten Stellenmangel. (moe, STANDAR-Printausgabe, 20.4.2011)