Avignon/Paris - Vermutlich katholische Fundamentalisten haben in Frankreich zwei Werke des New Yorker Fotokünstlers Andres Serrano zerstört. Das Foto mit dem Titel "Piss Christ" zeigte ein in Urin getauchtes Kruzifix, das andere mit dem Titel "The Church - Soeur Jeanne Myriam" den Schoß und den Oberkörper einer meditierenden Ordensschwester. Nach ersten Ermittlungen hatten zwei Besucher die in einer Ausstellung in Avignon hängenden Bilder am Sonntag mit Schneide- und Schlagwerkzeugen bearbeitet.

Drei Museumswärter, die einschreiten wollte, wurden von den Tätern mit Gewalt bedroht, teilte die Polizei am Montag mit. Bereits am Samstag hatten nach Museumsangaben rund 800 Ultra-Konservative und junge Integristen gegen die Schau im Kunstzentrum Lambert demonstriert. Das Museum für zeitgenössische Kunst musste deswegen vorübergehend geschlossen werden.

Der französische Kulturminister Frederic Mitterrand nannte den Angriff auf die Bilder inakzeptabel. Er könne verstehen, dass das Bild "Piss Christ" schockieren könne, aber wer sich verletzt fühle, müsse sich an die Justiz wenden. "Jede Art von Gewalt, Zerstörung und Intoleranz ist nicht hinnehmbar", kommentierte Mitterrand.

Neben Werken von Serrano, der sich in seinen Arbeiten immer wieder mit Religion und Sexualität auseinandersetzt, sind in der Ausstellung "Ich glaube an Wunder" mehr als 100 Werke großer zeitgenössischer Künstler wie Cy Twombly, Anselm Kiefer und Miquel Barcelo zu sehen. Die Exponate stammen aus der rund 400 Werke zählenden Sammlung des bekannten Kunsthändlers Yvon Lambert. Die Ausstellung, die bis zum 8. Mai dauert, findet anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Kunstzentrums statt, das sich in einem prächtigen Herrschaftshaus mitten in Avignon befindet. Sie soll trotz der Tat fortgesetzt werden - mit den zerstörten Bildern. (APA)