Wien - Die Hofburg hätte einen gewissen Charme als Parlamentssitzungssaal. Das Austria Center ebenfalls. Beide Locations hätten die Infrastruktur für einen Plenarsaal und für weitere Sitzungssäle, in denen Ausschüsse tagen könnten, wenn National- und Bundesrat das angestammte Haus am Ring für die Zeit des Umbaus verlassen müssten.

Nachteil: Eben deshalb sind sie auf viele Jahre vorreserviert. "Man kann nicht einen internationalen Ärztekongress abbrechen, weil der Nationalrat eine Sondersitzung anberaumt", erklärt ein Immobilienfachmann das Problem. Dieses würde sich ähnlich bei der Halle F der Stadthalle stellen: Diese wäre höchst geeignet, aber sie wäre dann auf Jahre für keine Veranstaltung belegbar und damit wohl auch für künftige Events entwertet.

Zudem braucht das Parlament ja nicht nur einen Plenarsaal und die Ausschusssäle, sondern auch Klubsitzungsräume und Büros. An den meisten der bisher mehr oder weniger intensiv geprüften Locations müsste man die Büroflächen in Form von Containern errichten - was am Heldenplatz undenkbar, bei der Stadthalle aber immerhin möglich wäre.

Teure City-Lage

Einfacher wäre es, wenn ein bestehendes Bürogebäude genutzt werden könnte. Oft genannt wird die ehemalige Telegraphenzentrale in der Wipplingerstraße - im ehemaligen Börsengebäude schräg gegenüber stünde auch ein provisorischer Plenarsaal zur Verfügung.

Nachteil dieser Variante sind die hohen Kosten: In der Innenstadt sind die Mieten wegen großer Nachfrage und geringen Angebots kaum leistbar. Auch für den Bund gilt das Gebot der Sparsamkeit.

Billiger käme es, Objekte außerhalb des Rings zu wählen. Eine mögliche Herberge für die Parlamentarier könnte die in den Siebzigerjahren errichtete Wirtschaftsuniversität im 9. Bezirk bieten, ihr Audimax wäre gegebenenfalls als Plenarsaal umrüstbar, sobald die Universitätseinrichtungen abgesiedelt sind.

Eine weitere Möglichkeit böte ein Gebäude von Siemens-Nixdorf in der Leopoldstadt. Dieses verfügt über ausreichend Besprechungsräume, doch ist hier weit und breit kein Plenarsaal zu sehen.

Dasselbe gilt für die Radetzkykaserne im 16. Bezirk - aus dieser soll demnächst das Militärkommando Wien ausziehen. Vorher hat man dort noch die Büroinfrastruktur mit moderner Verkabelung saniert. Zudem verfügt die Kaserne über die für ein Parlament notwendigen Sicherheitseinrichtungen. Und sie hat einen großen Kasernenhof: Hier könnte man eine Industriehalle in Leichtbauweise errichten, die einige Jahre als Sitzungssaal dienen könnte. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 25.2.2011)