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Grafik: APA

Wien - Die Eskalation der Gewalt in Libyen belastet österreichische Unternehmen. Viele haben bereits Mitarbeiter nach Hause geholt, einige müssen ihre Arbeit unterbrechen.

Die börsenotierten Konzerne OMV und Strabag standen am Montag wegen ihrer Libyen-Aktivitäten an den Aktienmärkten unter kritischer Beobachtung, ihre Titel verloren bis zum Nachmittag 5 bzw. 3 Prozent.

Rascher Umbruch überraschte Firmen

Libyen gilt in Österreich als Wachstumsmarkt, seit 2004 das Handelsembargo aufgehoben wurde. Das Handelsvolumen steigt nach Informationen der Wirtschaftskammer (WKÖ) rasant, vor allem wegen der Erdöllieferungen. Österreich bezog von Jänner bis November 2010 Erdöl und Erdölprodukte für mehr als 700 Mio. Euro aus Libyen. Der rasche Umbruch habe die Unternehmen jedoch überrascht, sagte Karl Hartleb von der Außenwirtschaftsorganisation der WKÖ. Auch internationale Konzerne ziehen Konsequenzen aus den Unruhen der letzten Tage und holen ihre Mitarbeiter heim. Internet und Telefonnetze fallen immer wieder für Stunden aus.

Die OMV beschäftigt 15 "Ausländer" (nicht-libysche Staatsbürger) in Libyen, davon 9 Österreicher. Konzernsprecherin Michaela Huber bestätigte am Montag, dass die OMV elf "Expats" (für die OMV arbeitende Ausländer) samt deren Familienmitgliedern ausfliegen wird. Die Produktion laufe aber weiter. Rund 9 Prozent der OMV-Gesamtproduktion oder 317.000 Barrel Öl am Tag stammen aus Libyen.

Auch BP hat Agenturberichten zufolge damit begonnen, Angehörige von Beschäftigten auszufliegen. Der britische Energiekonzern beschäftigt 140 Mitarbeiter in Libyen, darunter 40 Briten. Die Ölförderung hat aber noch nicht begonnen, derzeit werden Förderungen im Westen des Landes vorbereitet.

Porr ließ schon letzte Woche ausfliegen

Der Baukonzern Porr hat bereits vergangene Woche seine "Handvoll" Mitarbeiter ausgeflogen. Porr hat im November 2010 bekanntgegeben, in Libyen eines der landesweit größten Stadien für den African Cup 2013 zu bauen, das Auftragsvolumen liegt bei 200 Millionen Euro. Auch die Strabag hat laut Sprecherin Diana Klein die Hälfte ihrer 30 Mitarbeiter außer Landes gebracht, der Rest soll diese Woche folgen. Die Strabag betreibt 5 Baustellen in und um die libysche Hauptstadt Tripolis. "Wir gehen davon aus, dass die Projekte eine Zeit lang auf Eis liegen werden", sagte Klein. Im Jahr 2010 habe Strabag rund 150 Mio. Euro Umsatz in Libyen gemacht. Dies sei zwar verhältnismäßig wenig, doch das Land gelte als Wachstumsmarkt für das Unternehmen.

Der oberösterreichischen Baustoffkonzern Asamer teilte am Montag mit, die meisten seiner 45 nicht-libyschen Mitarbeiter in Sicherheit gebracht zu haben. Asamer betreibt zwei Fabriken außerhalb von Benghazi und eine in Dernah. In beiden Städten sei die Lage chaotisch, deswegen habe man sich entschlossen, die Produktion herunterzufahren und den libyschen Mitarbeitern die Verantwortung zu überlassen. Der Spitalausstatter Vamed sah zumindest am Vormittag noch keinen Anlass, seine 7 österreichischen Beschäftigten auszufliegen. "Unsere Mitarbeiter fühlen sich sicher", berichtete Sprecher Ludwig Bichler.

Bawag: Keine Österreicher in Tripolis

In der Bawag-Repräsentanz in Tripolis sind keine Österreicher tätig, daher muss von dort auch niemand nach Hause geholt werden. Der Repräsentant ist Libyer. Als erste westliche Bank hatte die Bawag - damals noch im Gewerkschaftsbesitz - eine Lizenz in Libyen erhalten. Immer noch liegt das 2005 eröffnete Bankbüro in dem von der Bawag mitfinanzierten Bab el Africa Luxushotel, das scharf gesichert ist. Überlegungen, die mit der Vermittlungen von Kreditfinanzierungen befasste Niederlassung zu schließen, gibt es nach Bankangaben vom Montag nicht.

Mit Hochspannung beobachtet die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit die Eskalation in Libyen. Libysche Staatsfonds sind zusammen mit der Zentralbank von Tripolis mit rund 7,5 Prozent zweitmächtigster Aktionär von UniCredit. Für 2011 hatte sich UniCredit eigentlich selbst den Start in Libyen vorgenommen.

"Traditionell gute Beziehungen"

Obwohl ganz Nordafrika weniger als ein Prozent des österreichischen Außenhandelsvolumen ausmache, sei Libyen wegen der hohen Wachstumsraten für die heimische Wirtschaft interessant, so Hartleb von der WKÖ. Die meisten Investitionen österreichischer Unternehmen - hauptsächlich im Infrastrukturbereich - seien aber projektbezogen. Dies hänge mit der politischen Lage zusammen, denn Projektarbeit sei weniger riskant als ein dauerhaftes Engagement im Land. Die "traditionell guten" Beziehungen zwischen Österreich und Libyen hätten den Unternehmen dabei geholfen, Aufträge zu lukrieren.

Die Importe aus Libyen nach Österreich beliefen sich von Jänner bis November 2010 auf 704 Mio. Euro, fast ausnahmslos (zu 99,9 Prozent) ist dies Öl. Der nordafrikanische Staat ist einer der fünf wichtigsten Erdöllieferanten Österreichs. Die heimischen Exporte nach Libyen steigen seit 2007 um jährlich 20 Prozent, wobei österreichische Unternehmen der Wirtschaftskammer zufolge in letzter Zeit Marktanteile gewinnen konnten. In den ersten elf Monaten des Vorjahres lieferten österreichische Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von 274 Mio. Euro in den Wüstenstaat (2009: 110 Mio. Euro). Die wichtigsten Warengruppen sind laut WKÖ Maschinen, pharmazeutische Produkte, Elektronik, Getränke (vor allem Fruchtsäfte) und Holz.

Die wichtigsten Handelspartner Libyens sind Italien, Deutschland und Frankreich. 88 Prozent aller Ausfuhren gehen in die EU, 44 Prozent von Lybiens Importen kommen aus der Staatengemeinschaft. Die Bedeutung der Türkei als Handelspartner Libyens nimmt stark zu, geht aus einem Länderreport der Wirtschaftskammer hervor. Erdöl bleibt mit etwa 95 Prozent die Haupteinnahmequelle Libyens, obwohl der Sektor derzeit stagniert. (APA)