Graz - "Es rollt da was Ordentliches durchs Land", bemerkte Anton Lederer, als er Freitagnachmittag die Unterstützerliste aktualisierte. Mehr als 130 Initiativen aus Österreich hatten sich binnen kürzester Zeit auf der "Plattform gegen das Bettelverbot" eingetragen. Jener Plattform, die für Samstag zu einer Großdemo ("Wir setzen uns nieder") in der Grazer City aufgerufen hatte.

Initiativen aus dem Kunst- und Kultursektor, der Kirche, der Politik, den Medien sowie Sozialinitiativen riefen zum Protest gegen den für Dienstag im Landtag geplanten Beschluss des steirischen Bettelverbotes auf. Die Organisation des von Lederers Kunstlabor "Rotor" koordinierten Protestes lief vorwiegend über elektronische Kanäle wie Facebook. Für die Kundgebung am Sitz des Landtages in der Herrengasse hatte das Theater im Bahnhof (TiB) ein Präsent für die Stadt Graz vorbereitet: einen Bettlerautomaten.

Während sich der Widerstand gegen die Verschärfung des Landessicherheitsgesetzes am Freitag formierte und auch Armenpfarrer Wolfgang Pucher für Sonntag in Grazer Pfarren Unterschriftenaktionen ankündigte, meldete sich der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP)zu Wort.

Gesetzesnovelle

Nagl, der über das Bettelverbot eine Volksabstimmung durchführen wollte - der aber das Land mit der Gesetzesnovelle zuvorkam -, verteidigte abermals die Einführung eines Bettelverbotes: "Menschenwürde bedeutet einerseits Recht auf Selbstbestimmung und freie Willensentscheidung, umfasst aber keineswegs das Recht auf Selbsterniedrigung. Organisierte Ausbeutung, Menschen- und Kinderhandel müssen unterbunden werden." Einen radikalen Schritt weiter ging der BZÖ-Politiker Gerald Grosz. Er will "den Spieß umdrehen" und kündigte an, die Plattform gegen das steirische Bettelverbot bei der Staatsanwaltschaft Graz anzuzeigen.

Die Justiz solle überprüfen, ob sich die Organisationen "nicht der Beihilfe zum Menschenhandel und der Bildung einer kriminellen Organisation schuldig machen". Er werde auch parlamentarische Anfragen an die Innen- und Justizministerin einbringen.

Indessen wurde auch in Oberösterreich ein Bettelverbot fixiert. Der Innenausschuss des Landtages hat den Entwurf eines neuen Polizeistrafgesetzes mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ - und gegen den Willen von SPÖ und Grünen - verabschiedet. Künftig ist "organisiertes und aggressives Betteln" verboten. Beschlossen wird das Gesetz im Landtag Anfang März. (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.2.2011)