Kein Zweifel - Österreich ist im Vormarsch, auch wenn die Auftritte der Regierungsspitze im Nationalrat diesen Eindruck nicht perfekt vermitteln. Umso eindringlicher gelang dies auf dem heimischen Boulevard, wo es diese Woche gleich zweimal Anlass zu patriotischer Begeisterung gab. Weniger bedeutend vielleicht, was die "Kronen Zeitung" zu berichten hatte: Neuer Einstein ist aus Österreich. Schon mehr Anlass zu vaterländischem Stolz lieferte da "Österreich" gleich auf der Titelseite. Pirelli-Kalender: Austro-Model nackt. Fotografiert von Karl Lagerfeld. Star: unsere Iris Strubegger.

So weit, den neuen Einstein aus Österreich, Daniel Grumiller, unseren Einstein zu nennen, ging die "Krone", seriös wie sie ist, nicht, dafür hob sie einen anderen Aspekt österreichischer Genialität hervor: Ein zweifacher Familienvater aus Wien gilt als neuer Superstar der internationalen Physik. Als solcher hat er jetzt sogar die Allgemeine Relativitätstheorie von Genie Albert Einstein ergänzt - und kann damit bislang rätselhafte Planeten-Phänomene im Universum erklären!

Wie weit die zweifache Familienvaterschaft des neuen Superstars dazu beitrug, blieb offen. Dafür erfuhren die an internationaler Physik interessierten "Krone"-Leser umso präziser, wie es zur sensationellen Entdeckung um die Planeten-Bahnen kam: Die Sterne drehen sich schneller um das Galaxiezentrum, als sie es laut der Allgemeinen Relativitätstheorie eigentlich sollten. Jetzt blieb nur noch der kleine Rest von dem Rätsel ungeklärt, das Genie Albert Einstein übrigließ: Warum? Gefragt, geklärt. Der Idee liegt die dunkle Materie zu Grunde. Bei großen Distanzen wird alles kugelsymmetrisch. Oder, für Leser, denen das eine Nuance zu hoch ist, einfach gesagt: Je weiter man sich von der Erde wegbewegt, desto runder wird der Planet. Und für alle, die noch immer nicht begriffen haben, inwiefern das die Ideen von Albert Einstein abändert: Bisher ging man in der Theorie von vier Kräften aus. Es gab drei räumliche Richtungen und die Zeit. Jetzt haben wir es auf zwei Dimensionen heruntergebrochen: Zeit und Abstand.

Zugegeben, die Genialität eines neuen Einstein, der sogar die Allgemeine Relativitätstheorie von Genie Albert Einstein ergänzt, auf zwanzig Zeilen einzudampfen, ist nicht ganz leicht. Umso mehr ist das wissenschaftliche Wagnis zu loben, und die zweifache Familienvaterschaft wird schon hängen bleiben.

Was von unserer Iris Strubegger hängen bleibt, ist weniger gewiss. "Österreich" hat bei der Ankündigung des Reifen-Kalenders unter heroischen Anstrengungen auf das gewohnheitsmäßige "Exklusiv" verzichtet, dieses vielmehr "News" überlassen, was insofern korrekt war, als dort der Austro-Star Iris Strubegger von Karl Lagerfeld textilfrei als Göttin der Weisheit Athene in Szene gesetzt vorgeführt wurde - schon wieder eine Verbeugung vor österreichischer Geistigkeit.

Hierarchiebewusst wie das griechische Original hatte der Austro-Star keine Probleme, das ihm zugeschriebene Attribut jenem Kopf zu retournieren, dem textilfrei, aber mit Lanze und Diadem dekoriert zu entsteigen quasi den Ritterschlag im Modelbiz bedeutet. "Was mich am meisten an ihm beeindruckt, ist sein endloses Wissen. Er ist immer auf dem neuesten Stand. Er bleibt niemals stehen, bleibt immer am Puls der Zeit. Nur eines unterscheidet ihn von Zeus. "Trotz all seines Ruhms ist Herr Lagerfeld ein netter, sympathischer Mensch geblieben."

Bei "Österreich" die größte nationale Erregung hervorzurufen war allerdings dem Apfelbauern Hermann vorbehalten. Was einigen Patrioten entgangen sein könnte, war: Sex-Bauer erregt Nation. Bei der Erzeugung diese Erregung bedient er sich ATV, wo er bei "Bauer sucht Frau" mit vollem Körpereinsatz für Top-Quoten sorgt. Er schäkert mit seinen Bewerberinnen, teilt Komplimente aus, verführt das Damen-Quartett am Hof mit Witz und Charme. Seit 10. November flirtet der Nebenerwerbscharmeur in Katrin Lampes Kuppelshow, was das Zeug hält. Frei nach seinem Motto: "Ich will Spaß!"

Im heimischen Fernsehen tut es seinem Charme keinen Abbruch, dass auch die Justiz mit ihm flirtet. Bei einem Arbeitsunfall soll sich ein auf Hermanns Hof illegal beschäftigter Erntehelfer schwer verletzt haben. Der Bauer, so der Vorwurf, schaffte ihn daraufhin in sein Auto und brachte ihn über die Grenze nach Ungarn - um ihn seinem Schicksal zu überlassen. Und die Sozialversicherung zu sparen. Ob er deswegen die Nation erregt? Kaum, solange die Quoten stimmen. (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 4./5.12.2010)