Während Stifter und Anwälte über die neuen Steuerbelastungen für Privatstiftungen klagen, sieht der Rechtsprofessor Werner Doralt, scheidender Leiter des Instituts für Steuerrecht an der Universität Wien, immer noch unberechtigte Privilegien. In seiner Abschiedsvorlesung Anfang Oktober ging Doralt die Argumente durch, mit denen Steuerbegünstigungen für Stiftungen gerechtfertigt werden, und wies sie der Reihe nach zurück.

  • Auch wenn 400.000 Menschen bei Unternehmen im Stiftungseigentum arbeiten, seien diese Arbeitsplätze nicht den Stiftungen zu "verdanken".
  • Die höhere Eigenkapitalausstattung von Unternehmen im Stiftungseigentum sei logisch: Stiftungen müssten ja irgendwohin mit ihren steuerbegünstigten Einkünften. Diese Privilegien gingen aber auf Kosten anderer Unternehmen.
  • Der Steuernachteil durch den "Mausefalleneffekt" - Vermögen, das einmal drinnen ist, kriegt man nicht mehr raus - sei nur in seltenen Fällen wirksam und rechtfertige daher keine laufenden Vorteile.
  • Dass es der Volkswirtschaft schade, wenn Stiftungsvorteile gestrichen werden, sei ebenfalls falsch: Seit der ersten Steuererhöhung im Jahr 2000 sei die Zahl der Stiftungen von 2000 auf 3000 gestiegen.

Auch nach der nun beschlossenen Anhebung der Zwischensteuer sieht Doralt Privilegien: Erlöse aus Immobilienverkäufen seien für Stiftungen nach zehn Jahren steuerfrei, Kapitalgesellschaften müssten 25 Prozent bezahlen. Und Erlöse aus Unternehmensverkäufen könnten Stiftungen durch die Übertragung der stillen Reserven auf andere Beteiligungen ebenso steuerfrei stellen. (ef, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.10.2010)