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Grafik: APA

Wien - Die Spritpreise in Österreich werden nicht von den Weltmarktnotierungen bestimmt, sondern sind "hausgemacht", teilte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am Freitag mit. Damit widerspricht die Behörde früheren Behauptungen der Ölindustrie, wonach sich die Tankstellenpreise an der Rotterdamer Produktenbörse orientieren. Die BWB kündigte an, der Branche weiter auf die Finger zu schauen.

"Diese Behauptung der Mineralölfirmen stimmt so nicht. Wir können nachweisen, dass sich die Preisbildung in Österreich inzwischen von der Entwicklung in Rotterdam und damit von den PLATTS-Notierungen entfernt hat", betonte BWB-Chef Theodor Thanner in einer Aussendung. Und er legt nach: "Um nicht ganz an Glaubwürdigkeit zu verlieren, argumentieren die Mineralölfirmen nun, dass der Preis nur noch nach Angebot und Nachfrage festgesetzt wird. Und geben damit offen zu, dass die Treibstoffpreise an jenen Tankstellen bewusst höher kalkuliert sind, wo die unmittelbare Konkurrenz fehlt, etwa im ländlichen Raum und an Autobahnen. Diese Argumentationslinie erklärt auch, warum die Treibstoffpreise vor Wochenenden und zur Hauptreisezeit in der Regel in die Höhe schnellen."

Damit bekommt die Mineralölwirtschaft von der BWB bereits den zweiten Rüffel. Schon zuvor hatte sie festgestellt, dass die Industrie Preissenkungen am Rotterdamer Spot-Markt erst mit Verzögerung an die Konsumenten weitergegeben hat. Preiserhöhungen jedoch wurden sofort nachvollzogen, erinnerte heute die BWB.

Lob gab es heute lediglich für die heimische OMV. "Dem Angebot der BWB, einen virtuellen Datenraum einzurichten, in den täglich die aktuellen Komponenten der Endverkaufspreise für Benzin und Diesel eingespeist werden, ist nur die OMV nachgekommen. Alle anderen Mineralölfirmen verweigerten sich der Aufforderung zur Transparenz", so die Behörde unmissverständlich.

Autofahrerclubs fühlen sich bestätigt

Die heftige Kritik der Bundeswettbewerbsbehörde an der Preispolitik der Mineralölindustrie hat Genugtuung bei ÖAMTC und ARBÖ hervorgerufen. Beide sehen sich in ihrer jahrelangen Kritik bestätigt und orten nun Handlungsbedarf bei Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Demnach wehre sich die Industrie weiterhin "mit Händen und Füßen" gegen die Weitergabe von Daten - obwohl bei einem Gipfeltreffen im Frühjahr Wirtschaftsministerium, Autofahrerclubs und Mineralölwirtschaft einig waren, die Spritdatenbank auszubauen. Eine positive Ausnahme seien die Diskonter, die durchaus Interesse an Preistransparenz hätten.

"So geht das nicht, das ist untragbar", ärgert sich ÖAMTC-Expertin Elisabeth Brandau über die Ölbranche. Und ARBÖ-Sprecherin Lydia Ninz kritisiert, dass die Abstände zwischen den Weltmarktpreisen und den Notierungen an den heimischen Tankstellen immer weiter auseinandergingen. Aus der Branche heiße es, dass der Zapfsäulenpreis ungerechtfertigterweise um rund zehn Cent je Liter über den Weltmarktpreisen liege. BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner hielt in einer schriftlichen Reaktion fest: "Wirtschaftsminister Mitterlehner und die Länder müssen handeln und den Ölmultis auf die Finger klopfen."

Die Klubs erinnern daran, dass mit Jahresende die Spritpreis-Verordnung ausläuft, die sicherstellt, dass die Tankstellenbetreiber nur einmal pro Tag den Preis anheben dürfen. "Es muss im Herbst unbedingt Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium geben, wie es hier weitergeht", so Brandau. Und auch der ARBÖ urgierte "rasche Konsequenzen", schließlich habe der Club seit Jahren anhand von konkreten Beispielen klargelegt, "dass sich die Mineralölfirmen bei den Spritpreisen nicht an die Großhandelspreise in Rotterdam halten, sondern immer wieder Extra-Zuschläge vor langen Wochenenden und vor der Reisesaison draufschlagen".

Wirtschaftsminister Mitterlehehner prüft nun die Verlängerung der Spritpreisverordnung und weitere Maßnahmen, hieß es am Freitag. "Die Bundeswettbewerbsbehörde bestätigt unsere Auffassung, dass die Preise in Rotterdam nur wenig mit den Preisen an den Tankstellen zu tun haben", so Sprecherin Waltraud Kaserer. Die Spritpreisverordnung läuft mit Jahresende aus und garantiert, dass die Tankstellenbetreiber die Zapfsäulenpreise nur einmal pro Tag anheben dürfen.

Ölindustrie wiegelt ab

 

Die Ölindustrie hält nicht viel von der Bundeswettbewerbsbehörde. In einer schriftlichen Reaktion zur heutigen BWB-Kritik an den Spritpreisen hieß es vom Fachverband der Mineralölindustrie (FVMI): "BWB nutzt Sommerloch für Nullmeldung". Fakt sei, dass die Spritpreise in Österreich unter dem EU-Schnitt liegen würden und die Tankstellenmargen zu den niedrigsten in Europa gehören würden.

"Die heute von der BWB veröffentlichten Erkenntnisse sind aus Sicht des FVMI Nullmeldungen. Bereits in der Vergangenheit hat der Fachverband der Mineralölindustrie mehrmals darauf hingewiesen, dass neben den Rotterdamer Produktnotierungen weitere Faktoren bei der Preisgestaltung existieren", betonte der Fachverband am Freitag. Und er legt nach: "Für die BWB wiederholt der FVMI aber gerne, dass Gegebenheiten wie Kostensituation, der harte lokale Verdrängungswettbewerb unter den Tankstellen sowie Angebot und Nachfrage für die Preisgestaltung ausschlaggebend sind."

Dass die Mineralölindustrie - wie von der BWB und den Autofahrerclubs kritisiert - keine Daten für die Spritpreisdatenbank liefert, wird mit dem Aktienrecht begründet. Demzufolge wäre dies nämlich gar nicht erlaubt. Unverständlich sei hingegen, warum der Endbericht der BWB noch nicht vorliege. "Nach mehrmalig verschobenen Veröffentlichungsterminen des angekündigten Endberichtes ist die BWB dazu übergegangen in regelmäßigen Abständen Nullmeldungen öffentlichkeitswirksam zu publizieren - stets begleitet vom Geheul der Autofahrerclubs", richtet der Fachverband aus.

Gleichzeitig wurde betont, dass sich die Mineralölunternehmen in den vergangenen Jahren immer kooperationsbereit gezeigt habe. (APA)