Wien - Rudolf Leopold war ein Sammler mit scharfem Blick. Sein Name ist seit Jänner 1998 aber auch mit dem Themenkomplex Kunstraub/Restitution verknüpft: Damals wurden, nach Ende einer Schiele-Retrospektive im Museum of Modern Art, in New York zwei Kunstwerke beschlagnahmt, weil sie im Geruch standen, in der NS-Zeit geraubt worden zu ein.

Der Fall Tote Stadt III konnte rasch aufgeklärt werden (das Gemälde kam nach Wien zurück), um das Bildnis Wally aber wird weiterhin vor Gericht gestritten. Denn die nach London geflüchtete Kunsthändlerin Lea Bondi-Jaray hatte Leopold 1953 um Unterstützung bei ihrem Vorhaben gebeten, ihr Eigentum zurückzubekommen. Trotzdem erwarb Leopold das Bildnis ein Jahr später von der Österreichischen Galerie.

Im Zuge der Ereignisse im Frühjahr 1998 gingen Journalisten und Historiker der Frage nach, ob es in der außerordentlichen Sammlung noch weitere Werke mit fragwürdiger Provenienz gibt. Immer wieder tauchten neue Namen und Bilder auf. Rudolf Leopold bestritt, wissentlich NS-Raubkunst erworben zu haben - und berief sich auf den Gutglaubenserwerb.

Auf medialen Druck hin aber bestellte der Stiftungsvorstand einen Provenienzforscher. Seine Aufgabe schien es vor allem zu sein, die Rechtmäßigkeit der Erwerbungen zu bestätigen. Offensichtliche Fehler in der Provenienzdatenbank wurden z. B. erst nach Hinweisen im STANDARD korrigiert. Zudem beteuerte man permanent, zur Restitution nicht verpflichtet zu sein: Das 1998 erlassene Rückgabegesetz bezieht sich nur auf die Bundesmuseen - und nicht auf das vom Bund finanzierte Leopold Museum. Es gab immer wieder negative Medienberichte, die Kultusgemeinde erklärte das Gebäude im Museumsquartier 2008 in einer spektakulären Aktion zum "Raubkunst-Museum".

Claudia Schmied, die Elisabeth Gehrer als Kulturministerin nachfolgte, versprach, sich des Problems anzunehmen. Im Mai 2008 wurden zwei Historiker beauftragt, die Provenienzen der Sammlung zu prüfen, erst im Dezember 2009 lagen elf Dossiers zu 23 Werken vor. Behandelt wurden unbedenkliche Fälle, aber auch brisante: Würde das Rückgabegesetz für die Stiftung gelten, wäre u.a. Schieles Häuser am Meer zurückzugeben. Von einer Naturalrestitution wollte Leopold aber nie etwas wissen: Er bot den Erben nach Jenny Steiner nur eine geringe Entschädigungssumme an.

Mit den Dossiers beschäftigt sich nun ein zehnköpfiges Gremium unter dem Vorsitz von Ex-Justizminister Nikolaus Michalek. Es tagte Ende letzter Woche und soll auch Empfehlungen ausgesprochen haben. Doch Schmied gab diese bisher nicht bekannt.

Eines hat sich der Augenarzt mit seinem Tod erspart: im Herbst vor Gericht in New York zum Bildnis Wally auszusagen. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Printausgabe, 30. 6. 2010)