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Wie oft steht eine Rauchpause zu?

Foto: APA/Brandt

"Ich finde es unfair", schreibt uns User Bertram I., "dass ich pro Tag rund eine Stunde mehr arbeite als die Raucher in unserem Büro - aber nicht mehr Gehalt bekomme. Sind bezahlte Rauchpausen arbeitsrechtlich gedeckt?", fragt er. Eine explizite, gesetzliche Regelung zur Arbeitsniederlegung wegen Zigarettenkonsums existiert in Österreich nicht, erklärt Franz Marhold, Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht in Graz, gegenüber derStandard.at. "Es gibt von Gesetzes wegen keinen Anspruch auf Rauchpausen, aber natürlich das Recht auf eine allgemeine Pause nach dem Arbeitszeitgesetz."

Recht auf Pause

"Wenn die Tagesarbeitszeit sechs Stunden überschreitet, hat die Pause insgesamt 30 Minuten auszumachen", so Marhold. Ob es dabei nur zu einer Arbeitsunterbrechung für eine halbe Stunde oder etwa zu drei Pausen mit jeweils zehn Minuten kommt, sei firmenintern mittels Betriebsvereinbarungen zu regeln, erläutert er: "Man könnte aber dem Bedürfnis von Rauchern entgegenkommen, indem man anordnet, dass es alle zwei Stunden zehn Minuten Pause gibt."

Prinzipiell könnten sich Arbeitnehmer den Zeitpunkt der Ruhephasen nicht aussuchen. "Bei einer Betriebsvereinbarung haben Mitarbeiter keine Chance, sich dagegen zu wehren." Der Arbeitgeber kann also theoretisch Tschickpausen, die außerhalb der vereinbarten Arbeitsunterbrechungen stattfinden, verbieten.

Erholungszeit definiert

"Eine Pause hat normalerweise mindestens zehn Minuten zu betragen", betont Marhold. Nur in Abstimmung mit dem Betriebsrat könne es eine noch kürzere Regelung geben. "Was ich in der Pause mache, bleibt allerdings mir überlassen", sagt Günter Köstelbauer, Arbeitsrechtsberater bei der Arbeiterkammer: "Ob essen, rauchen oder einfach in die Luft schauen, das geht den Arbeitgeber nichts an." Ein generelles Rauchverbot, so Köstelbauer, könne im gesamten Betrieb verhängt werden. "Es kann den Leuten zugemutet werden, dass sie hinausgehen müssen."

Im Sinne des Kollegenschutzes gebe es hier strenge Vorschriften, konzediert Arbeitsrechtler Marhold: "Durch die Arbeitsschutzvorschriften ist das Rauchen im Büro nicht mehr zulässig." Nämlich dann, wenn andere tangiert werden und keine räumliche Trennung existiere, präzisiert der Anwalt und Partner von DLA Piper, aber: "Manche können natürlich am Arbeitsplatz rauchen, wenn sie etwa ein Telefonat führen oder vor dem PC sitzen", sagt Marhold, "ohne dass sie deswegen die Arbeit unterbrechen müssen". Voraussetzung: Es darf kein "öffentlicher Ort" oder ein Raum mit "Kunden- und Parteienverkehr" sein - so steht es zumindest im Gesetz.

"Einzelvertraglicher Anspruch"

"Einen Anspruch auf eine Rauchpause könnte es dann geben, wenn es als betriebliche Übung vom Arbeitgeber geduldet wurde", schildert Marhold ein weiteres Beispiel, dass "bezahltes" Qualmen legitimiert sein kann. Als "betriebliche Übung" wird ein wiederkehrendes Verhalten des Arbeitgebers bezeichnet, das in weiterer Folge zu einem Rechtsanspruch führt - etwa bei der Gewährung von Leistungen und Vergünstigungen.

"Wenn es der Chef nie aus der Arbeitszeit herausgerechnet hat." Dann sei ein "einzelvertraglicher Anspruch" entstanden, erklärt Marhold; und: "Der Arbeitgeber kann das auch nicht einseitig rückgängig machen." Welche Frist kommt hier zur Anwendung? "Innerhalb von zwei Lohnzahlungszeiträume muss es der Arbeitgeber beanstanden", meint er, denn: "Sagt niemand etwas und ich behalte meinen Lohn ungeschmälert, dann darf ich im selben Umfang gegen Bezahlung weiterrauchen."

Keine Fälle fürs Arbeitsgericht

Prinzipiell, so Marhold, könne jeder seine Sucht befriedigen. Es bestehe schließlich die Möglichkeit, die "verrauchte Zeit" einzuarbeiten. Das könne mit dem Arbeitgeber so vereinbart werden. "Pausen fallen nicht in die Arbeitszeit und sind nicht zu entgelten."

Dass Zigarettenkonsum schon zu Entlassungen geführt hat, kann er nicht bestätigen: "Gerichtlich anhängige Fälle sind mir nicht bekannt." Ein Urteil des Obersten Gerichtshofes zu Rauchpausen gibt es in Österreich nicht. Im Gegensatz zu Deutschland, wo vor kurzem das Oberverwaltungsgericht Münster einen Präzedenzfall geschaffen hat. Eine Rauchpause sei "keine zulässige Arbeitsunterbrechung wie zum Beispiel der Gang auf die Toilette oder der Kaffee im Büro". Es werde ja auch von Nichtrauchern die Anwesenheit am Arbeitsplatz während der Kernarbeitszeit verlangt, heißt es in dem Spruch.

Sonderfall Bildschirmarbeit

Am wenigsten betroffen von etwaigen Diskussionen über Zigarettenintervalle sind jene, die sich ihre Brötchen mit Bildschirmarbeit verdienen. Jede Stunde kann bezahlt geraucht werden, denn die Regelung lautet: "Nach jeweils 50 Minuten ununterbrochener Bildschirmarbeit muss eine Pause von mindestens 10 Minuten gehalten werden." Die Ruhephasen sind in die Arbeitszeit einzurechnen. (om, derStandard.at, 27.4.2010)