Hans Niessl hätte ein ganz Großer werden können. Dazu hätte er nur seinem bisherigen Ruf, ein staubtrockener Pragmatiker zu sein, gerecht werden müssen. Es hätte genügt, die nach der Eberau-Abstimmung sichtbar zerrupfte Innenministerin endgültig zu demütigen durch die Ankündigung, sich nunmehr mit den sieben vernunftgeleiteten Landeshauptmannkollegen zusammenzusetzen, um in der Asylsache mit kühlem Kopf endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

Der burgenländische Landeshauptmann hat sich anders entschieden: für das kleinliche, wadlbeißerische Keifen. Die Plattform "Unser Burgenland ist anders" warnt zu Recht vor weitreichendem Kollateralschaden durch weitere Volksbefragungen und Unterschriftensammlungen im Umfeld des Landtagswahlkampfs. Für die gesamte SPÖ, deren Parteihymne ja immer noch inbrünstig den Kampf ums Menschenrecht beschwört, ist es zutiefst beschämend, dass ein solcher Ordnungs- und Warnruf nicht schon längst aus ihrer eigenen Mitte ertönt ist.

Man braucht nicht unbedingt den alten Goethe gelesen zu haben. Aber schaden kann es nicht, sich die Fährnisse des schamlosen Populismus zu vergegenwärtigen. "Welch entsetzliches Gewässer", jammert der Zauberlehrling, "Herr und Meister, hör mich rufen!" Spätestens dann wird wohl selbst Werner Faymann den Hans Niessl mit Hans Fallada fragen müssen: "Kleiner Mann - was nun?" (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD - Printausgabe, 26. Februar 2010)