Kampagnensujet "Flieger".

Foto: BMUKK

"Heimat bist du großer Söhne und Töchter" singt Christina Stürmer. Die Sängerin interpretiert für eine Kampagne des Bildungsministeriums die Bundeshymne neu, etat.at berichtete. Das sorgt nun für Unmut beim Sessler-Verlag, der die Interessen der Textdichterin der Hymne, Paula von Preradovic beziehungsweise deren Erben, wahrt. Der Verlag sieht den künstlerischen Wert gefährdet und fordert von Bildungsministerium und Stürmer eine Unterlassungserklärung. Verlags-Geschäftsführer Ulrich Schulenburg hält eine "poppige Version" der Bundeshymne generell für eine "Absurdität", "das kann nicht im Sinne des Staates sein".

Seitens des Ministeriums heißt es, man stehe "allen rechtlichen Schritten völlig gelassen gegenüber". Die Kampagne werde nicht gestoppt. Das Ministerium werde die Unterlassungserklärung nicht abgeben. Auch Christina Stürmer dürfte vorerst keine Unterlassungserklärung unterschreiben. "Es besteht noch überhaupt kein Anlass zu handeln", so ihr PR-Berater Bernd Rengelshausen.

Gesellschaftliche Entwicklung

Für Schulenburg ist die Textveränderung ein "Eingriff in das Persönlichkeitsurheberrecht". Das sieht Anwalt Gerald Ganzger, der die durchführende Werbeagentur Lowe GGK vertritt, anders. Die Adaption sei "kein Eingriff" in das Persönlichkeitsurheberrecht der Verfasserin, so Ganzger zu derStandard.at. Man habe gute Argumente, die man der Gegenseite mitteilen werde, so Ganzger. Die Anpassung entspreche dem Gleichheitsgrundsatz und der gesellschaftlichen Entwicklung.

Von Preradovic habe den Text als Auftragswerk geschaffen und alle Rechte an die Republik übertragen, sagt Ganzger. Bei einem identitätsstiftenden Werk wie der Bundeshymne sei es "rechtlich klar", dass der Auftraggeber im Bedarfsfall Anpassungen vornehmen dürfe. Immerhin schließe der Originaltext 50 Prozent der Bevölkerung aus. Außerdem seien laut Ganzger durch den Zusatz "und Töchter" weder Sinn noch Qualität des Textes verändert worden. Bei der musikalischen Interpretation stelle sich die Frage, welche Version Stürmer "bearbeitet" haben solle, so Ganzger. Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Freimaurerkantate sei schließlich urheberrechtsfrei.

Verlag setzt Frist bis Montag

Der vom Verlag beauftragte Rechtsanwalt, Georg Zanger, verlangt von Stürmer und dem Unterrichtsministerium innerhalb von drei Tagen Unterlassungserklärungen. Sollten diese bis Montag nicht einlangen, werde er eine Unterlassungsklage einbringen und gleichzeitig versuchen, per einstweiliger Verfügung die Ansprüche der Erben durchzusetzen. Diesen und dem Sessler-Verlag gehe es dabei nicht um Geld, betonte Zanger, "sondern darum, dass das Werk unangetastet bleibt".

"Anmaßendes Vorgehen"

Zwar habe Dichterin von Preradovic der Republik sämtliche Rechte vermacht, welche dafür bei jeder Aufführung abseits von staatstragenden Anlässen, selbst bei einem Feuerwehrfest, Tantiemen bezieht. "Das hat aber nichts mit den künstlerischen Persönlichkeitsrechten zu tun", betont Zanger. Die Regierung habe nicht das Recht, ohne Zustimmung der Erben das Werk zu verändern. Stürmer unterstellte er "anmaßendes Vorgehen", man könne nicht über den Kopf eines Künstlers hinweggehen und dessen Werk, das in einer bestimmten Intention geschaffen wurde, verändern: "Ich würde ja auch nicht in einen Miro oder einen Hundertwasser einfach etwas hineinmalen."

Debatte über Bundeshymne bereits 2005

Bereits 2005 gab es eine Debatte über eine textliche Veränderung der Bundeshymne im Sinne der Gleichberechtigung. Die damalige Frauenministerin Maria Rauch-Kallat hatte die Diskussion angeregt. Wenn "von Söhnen die Rede ist, dann soll auch von Töchtern die Rede sein", sagte Rauch-Kallat dem "Kurier" und präsentierte eine mit Fritz Molden, dem Sohn von Paula von Preradovic, abgesprochene Abänderung: "Heimat großer Töchter, Söhne". Eine Bearbeitung des Textes sei ohne Genehmigung des Verlages nicht möglich, argumentierte der Thomas Sesssler-Verlag auch 2005.  

Heinisch-Hosek für Textänderung

Im Text der Bundeshymne sollten auch die "Töchter" gewürdigt werden. Dafür hat sich Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in den Samstag-Ausgaben mehrerer Zeitungen ausgesprochen.

Zwar habe die Textänderung der Hymne nicht oberste Priorität, aber: "Es wäre ein schönes Signal", erklärte die Ministerin. Nach ihrer Rechtsauffassung gebe es auch keine urheberrechtliche Probleme, da die Republik über die Rechte an der Bundeshymne verfüge. Kleine sprachliche Änderungen seien deshalb ihrer Meinung nach möglich. Die Erweiterung um die Töchter im Text soll jedenfalls mit den ÖVP-Regierungsmitgliedern besprochen werden, kündigte Heinisch-Hosek an. Schließlich soll die Textänderung im Ministerrat beschlossen werden. (red/APA)