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Ausgelacht: ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender.

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Hamburg/Wien - "Deutschland ist jetzt Berlusconi-Land", "CDU setzt sich über Grundgesetz hinweg", "Anschlag auf das politische System", "Testosteron-Attitüde", "Honoratioren ohne Selbstachtung" - fast durchwegs negativ bis vernichtend fielen die Reaktionen auf den Sturz von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender aus. Am Freitag stimmten wie berichtet die CDU-Verwaltungsräte mit knapper Mehrheit gegen Brenders Verlängerung. Unter der Führung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch.

Die SPD prüft jetzt rechtliche Schritte. Darüber hinaus kämen Änderungen im ZDF-Staatsvertrag in Betracht, erklärten die Medienexperten der deutschen Bundestagsfraktion, Siegmund Ehrmann und Martin Dörmann. Die Union (CDU/CSU) habe der Rundfunkfreiheit schweren Schaden zugefügt: "Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben."

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist Mitglied des Verwaltungsrats und gilt als treibende Kraft der Entscheidung.

Schwierige Lage 

Das Vorgehen der Union beschädige nicht nur das ZDF, sondern bringe den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt in eine schwierige Lage, kritisierten die beiden SPD-Politiker: "Gleichzeitig unterhöhlt es das notwendige öffentliche Vertrauen in die grundsätzlich sinnvolle Beteiligung der politischen Parteien an den Rundfunkgremien." Vorrangiges Ziel müsse es sein, künftig in vergleichbaren Fällen eine sachlich abwegige Zustimmungsverweigerung gegenüber einem inhaltlich nicht zu beanstandenden Personalvorschlag des Intendanten auszuschließen. "Das sind Vorgänge, die politisch skandalös sind", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Grünen-Parteichef Cem Özdemir nannte das politisch erzwungene Aus für Brender einen Angriff auf die Demokratie. Die Bundestagsfraktion der Grünen strebe eine Verfassungsklage an.

Davor warnte allerdings der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und ZDF-Verwaltungsratschef Kurt Beck. Das hätte "schlimme Folgen" für das ZDF, sagte Beck laut Spiegel: "Die Politik wäre dann zwar draußen, aber über Umwege wäre der politische Einfluss viel intensiver als je zuvor."

Erfolglosigkeit

Brender wurde Erfolglosigkeit vorgeworfen. Bei der Abwahl habe dieses Argument jedoch nur eine untergeordnete Rolle gespielt, sagte Beck. Die Vertreter der CDU/CSU hätten ihr Argument der schlechten Quoten "sehr zurückgenommen". "Da hat man wohl gemerkt, dass das gar nicht in der Kompetenz des Verwaltungsrates liegt." Neu hinzugekommen sei dann das Argument, dass das ZDF einen ganz jungen Chefredakteur brauche, der in der neuen Medienwelt mehr zu Hause sei.

Brender muss seinen Posten nach zehn Jahren im März 2010 räumen. Als aussichtsreichster Kandidat für Brenders Nachfolger gilt der Leiter des ZDF-Hauptstadtbüros, Peter Frey, den die Süddeutsche Zeitung als "geschmeidig" einstuft. (prie, dpa, AFP/DER STANDARD; Printausgabe, 30.11.2009)