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Amesberger vergleicht Sportler mit Politikern.

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Hannover trauert.

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Wien - Acht Selbstmorde von aktiven oder ehemaligen Spitzensportlern sind bisher in diesem Jahr weltweit bekannt geworden. Vor Robert Enke nahm sich am vergangenen Freitag der belgische Radprofi Dimitri de Fauw das Leben. Der 28-jährige Bahnspezialist hatte wie der deutsche Teamtorhüter unter Depressionen gelitten. Im September sorgte der Selbstmord von Boxer Darren Sutherland, des Olympia-Dritten im Mittelgewicht, in dessen Heimat Irland für Betroffenheit. Der 27-Jährige hatte sich in seinem Appartement in London erhängt. Über sein Motiv wurde nichts bekannt.

Selbstmord begingen in diesem Jahr auch die ehemaligen Boxweltmeister Arturo Gatti (37) aus Kanada und Alexis Argüello (57), der Bürgermeister von Managua, Panama, sowie der ehemalige französische Mountainbike-Weltmeister Christophe Dupouey (40), der einstige US-Beachvolleyballer Mike Whitmarsh (47), seines Zeichens olympischer Silbermedaillengewinner von 1996, und der italienische Ex-Radprofi Luca Gelfi (42).
Im österreichischen Sport sind drei Fälle in Erinnerung. 1982 erhängte sich der Radfahrer Siegfried Denk wenige Tage nach seinem 31. Geburtstag. 2001 nahm sich der ehemalige Spitzenjudoka Thomas Schleicher (28) während einer Haftstrafe wegen Drogenhandels das Leben. Im Vorjahr, während der EURO, sorgte der Selbstmord des polnischen Fußballers Adam Ledwon (34), eines Legionärs von Austria Kärnten, für große Bestürzung.

Antidepressivum Sport

Spezielle Studien, die sich mit der Suizidhäufigkeit unter aktiven oder ehemaligen Spitzensportlern beschäftigen, sind weder Sabine Würth, der Leiterin der Abteilung Sportpsychologie an der Universität Wien, noch dem Sportpsychologen Günter Amesberger bekannt. Amesberger glaubt auch nicht, dass Sportler häufiger an Depressionen leiden, "sonst hätten wir dazu mehr wissenschaftliches Material". Vielmehr wirke moderate Bewegung, also Sport, nachgewiesenermaßen antidepressiv.

Andererseits falle es Spitzensportlern besonders schwer, bei psychischen Problemen Hilfe zu suchen. "Diese Schwelle ist extrem hoch. Es besteht ja eine hohe Notwendigkeit zu funktionieren. Das ist mit der Situation von Politikern vergleichbar." Sportler neigten daher dazu, ihre diesbezüglichen Erkrankungen bestenfalls im familiären Bereich einzugestehen und auch behandeln zu lassen.

Psychische Probleme treten nach Amesbergers Erfahrungen bei Sportlern öfter erst nach dem erzwungenen oder freiwilligen Karriereende auf, "weil das ja ein wirklicher Einschnitt im Leben ist". (Sigi Lützow, DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 12. November 2009)